
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat über die Nachfolge der bisherigen Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs entschieden. Auf der virtuellen Hauptversammlung wählten die Mitglieder am Dienstagabend Sebastian Guggolz zum neuen Vorsteher. Der 42 Jahre alte Verleger erhielt bei der Wahl 258 der 401 abgegebenen Stimmen und konnte sich damit gegen den 62 Jahre alten Zwischenbuchhändler Stefan Könemann durchsetzen, der schon vor sechs Jahren einmal angetreten war.
Die Amtszeit von Sebastian Guggolz beginnt am Samstag nach der Buchmesse am 25. Oktober. Der Berliner Verleger hat Kunstgeschichte, Germanistik und Volkskunde studiert. Er war einst Lektor beim Berliner Verlag Matthes & Seitz und gründete im Jahr 2014 den Guggolz-Verlag, in dem er Neuübersetzungen und Neuausgaben vergessener Klassiker aus Nord- und Osteuropa herausgibt. Er kennt aber auch das Geschäft der großen Verlage: Seit dem Jahr 2022 ist der am Bodensee geborene Guggolz auch noch verantwortlich für die Klassiker beim S. Fischer Verlag. Gremienerfahrung im Börsenverein hat er bisher aber nicht.
Im Vorfeld der Wahl hatte sich Guggolz vor allem für eine Förderung unabhängiger Verlage und unabhängiger Buchhändler stark gemacht. „Das ist mein großes Anliegen!“, hatte er in einem Interview mit dem Börsenblatt gesagt. Sein Gegenspieler Stefan Könemann dagegen sah die Forderung nach einer strukturellen Verlagsförderung eher skeptisch. Da „stehen wir allein auf weiter Flur, aber bei anderen Vorgaben des Gesetzgebers können wir uns Verbündete suchen“, sagte Könemann in dem Doppelinterview; er wolle daher eher die Lobbyarbeit stärken und Allianzen mit anderen Wirtschaftsverbänden schmieden.

Der in Frankfurt ansässige Börsenverein ist der Dachverband der deutschen Buchbranche. Unter seinem Dach sind alle drei Säulen der Branche vertreten, also Verlage, Buchhändler und Großhändler. Bei der Wahl des Vorstands muss laut der Satzung der Spartenproporz beachtet werden, sodass alle Sparten angemessen vertreten sind. Zur neuen Schatzmeisterin wurde am Dienstag Katja Berger gewählt; sie ist Geschäftsführerin beim Verlag HarperCollins in Hamburg. Die weiteren Vorstandsposten gehen an die Gernsheimer Buchhändlerin Lucia Bornhofen, den Chemnitzer Buchhändler Klaus Kowalke und die Geschäftsführerin des Zwischenbuchhändlers Libri Alyna Wnukowsky.

Bis zum Ende der Buchmesse im Oktober wird der Börsenverein noch von Karin Schmidt-Friderichs geführt. Die Mainzer Verlegerin durfte nach zwei Amtsperioden nicht noch einmal antreten. Sie war 2019 als Nachfolgerin des Osiander-Gesellschafters Heinrich Riethmüller gewählt worden; damals hatte sich die Tochter des früheren Bundeswirtschaftsministers Hans Friderichs bei der Abstimmung knapp gegen Stefan Könemann durchgesetzt. Sie war die zweite Frau an der Spitze des Börsenvereins. Karin Schmidt-Friderichs hat den Börsenverein erfolgreich durch die Pandemiezeit gelotst.
In den vergangenen Jahren hat sie sich vor allem für eine Stärkung der Urheberrechte gegenüber den amerikanischen KI-Großunternehmen stark gemacht. Sie sprach wiederholt vom „größten Datenklau der Geschichte“, weil für das Training der großen KI-Sprachmodelle millionenfach urheberrechtlich geschützte Bücher ohne Einverständnis der Urheber und ohne angemessene Honorarzahlungen genutzt würden.