
Der VfL Bochum steckt in einer tiefen Krise – der Absteiger steckt schon wieder im Tabellenkeller fest, diesmal in der 2. Liga. Das liegt auch an den vielen Wechseln auf der Führungsebene.
Es ist fast schon bewundernswert, mit welcher Treue und Leidenschaft die Anhänger des VfL Bochum ihren Klub weiterhin unterstützen. 26.000 Menschen füllten die ausverkauften Ränge auch wieder gegen Fortuna Düsseldorf (0:1). Doch auch diese Unterstützung hilft nicht. Der Traditionsverein aus dem Ruhrgebiet befindet sich seit langer Zeit im nahezu freien Fall.
„Sie kriegen auch seit zwei Jahren immer auf den Deckel. Es ist auch schwer für die Fans“, sagte VfL-Abwehrchef Kevin Vogt nach der neuerlichen Pleite gegen Düsseldorf. Die sechste Niederlage im siebten Spiel dieser Saison, davon fünf Niederlagen in Folge. Das Team ist derzeit nicht konkurrenzfähig in der 2. Liga. Viel verheerender kann eine Bilanz eines Bundesliga-Absteigers kaum sein, die Krise kaum erdrückender.
Kein Wunder also, dass sich Unmut regte und einige der enttäuschten Besucher im Bochumer Stadion ihren Frust lautstark loswerden wollten. „Die können sagen, was sie wollen. Wir sind 17. Dass die uns nicht an die Gurgel gehen, verlangt mir großen Respekt ab. Ich kann alles verstehen“, sagte Bochums Angreifer Gerrit Holtmann. „Es ist für uns wieder Abstiegskampf, nur eine Liga tiefer. Punkt, Ende, aus.“
Intensive Personalrochaden
Die Bochumer drohen, direkt in die 3. Liga durchgereicht zu werden. Vor zwei Jahren hatten sie mit einem „Wunder“ in der Bundesliga-Relegation gegen die Fortuna gerade noch so eben den Klassenerhalt in letzter Sekunde (33 Punkte) erreicht. In der vergangenen Spielzeit sind sie dann sang- und klanglos als Tabellenletzter (25 Pkt.) abgestiegen. Die Gründe für diesen dramatischen Absturz dürften vor allem in der personellen Inkonstanz im Klub liegen.
Nach Langzeit-Coach Thomas Reis, der über drei Jahre (bis September 2022) beim VfL beschäftigt war, gab es intensive Personalrochaden in Bochum, die ihresgleichen suchen.
Drei Trainer (Thomas Letsch, Peter Zeidler, Dieter Hecking), vier Interimcoaches (Heiko Butscher, Markus Feldhoff, Murat Ural, David Siebers) und drei Sport-Verantwortliche (Patrick Fabian, Marc Lettau, Dirk Duffner) später ist wieder einmal ungewiss, mit welchem Führungspersonal es weitergehen wird.
Eine nachhaltige Spielidee, geschweige denn ein erfolgreiches Gesamtkonzept, dürfte bei einer solch chaotisch anmutenden Personalpolitik fast unmöglich umzusetzen sein. Zu viele Ideen, zu viele Konzepte brachten mehr Missverständnisse denn konkrete Lösungen.
Wenig Hoffnung
Geschäftsführer Ilja Kaenzig, seit 2018 in verantwortlicher Rolle als Herr der Finanzen und zuletzt auch als Strategie-Chef beim VfL tätig, lag mit seiner Personalentscheidung, Dirk Dufner als Sport-Geschäftsführer neben sich nach Bochum zu holen, daneben. Der Klub entließ den 57-Jährigen nach nur fünf Monaten wieder aus seiner Funktion. Und auch Hecking musste bekanntlich zeitgleich gehen. Diese Fehleinschätzung kostete nicht nur einen funktionierenden Kader und Punkte, sondern auch viel Geld.
„Mittlerweile plant jeder Klub mit einem Trainerwechsel. Es gibt keinen Grund zur Besorgnis, aber natürlich können wir nicht endlos Geld ausgeben“, sagte Kenzig am Tag der Freistellung der beiden leitenden Angestellten des Klubs Mitte September.
„Unser Kader hat unter seinen Möglichkeiten performt. Es gibt aber keinen Grund zur Besorgnis. Wenn der Erfolg wiederkehren sollte, was wir nicht nur hoffen, sondern auch einfordern, wird sich vieles relativieren.“ Seitdem gab es zwei weitere Pleiten – und so gut wie keinen Grund zur Hoffnung.
Einige Optionen
Wie es nun weitergeht bei den Bochumern? Ob Interimstrainer Siebers nach den zwei Pleiten weitermachen darf, ist möglich, aber eher unwahrscheinlich. Auch wenn der eigentliche VfL-Nachwuchscoach Siebers die wohl kostengünstigste Lösung wäre. Namen von erfahrenen Trainern wie Markus Anfang oder Robert Klauß machen derzeit die Runde.
Und auf der Manager-Position ist Kauiserslauterns Sportchef Thomas Hengen eher ein Fan-Wunsch, vielmehr dürften Christian Flüthmann von Rot-Weiss Essen, der Ex-Bochumer Claus Costa vom Hamburger SV sowie Carsten Rothenbach vom FC St. Pauli realistischere Optionen sein. Aber auch Oliver Ruhnert, ehemaliger Manager von Union Berlin und Ex-Chef der Knappenschmiede beim FC Schalke 04, wäre eine denkbare Möglichkeit.
Völlige Ratlosigkeit
Fakt ist: Die VfL-Spieler brauchen dringend eine gefestigte, nachhaltigere Struktur, in der sie sich entfalten können. Am kommenden Samstag (13 Uhr) beim Auswärtsspiel beim 1. FC Kaiserslautern sitzt Siebers wohl noch auf der Bank, der Neue würde erst zur Länderspielpause kommen. Die sportliche Führung, die danach übernimmt, muss Grundlagenarbeit betreiben und erst einmal das völlig verloren gegangene Selbstbewusstsein aufbauen.
„Wir sind der VfL und der VfL gibt nicht auf. Wir müssen weitermachen und dürfen nicht aufgeben“, sagte Abwehrchef Vogt noch. Ein fast schon verzweifeltes Statement, eine trostlose Durchhalteparole, die die derzeitige Ratlosigkeit im Bochum nicht deutlicher ausdrücken könnte.