
Die Regierungskoalition aus Union und SPD zeigt sich uneinig
über den Umgang mit Verletzungen des Nato-Luftraums
durch russische Kampfjets. Während CSU-Politiker Florian Hahn einen
Abschuss russischer Flugzeuge unterstützt, warnt der außenpolitische Sprecher der
SPD vor einer gefährlichen Eskalation.
Hahn, Staatsminister im Auswärtigen Amt, sagte der
Bild am Sonntag, dass das Nato-Bündnis im Ernstfall sein
Selbstverteidigungsrecht nutzen müsse: „Jeder, der den Luftraum des
Bündnisgebiets willentlich und wissentlich verletzt, muss damit rechnen, dass
das Bündnis von seinem Selbstverteidigungsrecht Gebrauch macht.“ Als Beispiel
verwies er auf den Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei im Jahr
2015 – dies sei „entschlossen und eindrucksvoll“ gewesen.
Deutlicher Widerspruch kam aus der SPD-Bundestagsfraktion.
Deren außenpolitischer Sprecher Adis Ahmetovic bezeichnete einen sofortigen
Abschuss gegenüber der Zeitung als „derzeit unverantwortlich“. Ein solches
Vorgehen dürfe nur als „letztes Mittel“ erfolgen, wenn eine akute Gefahr
bestehe. Zuvor müssten diplomatische und militärische Mittel wie das Abdrängen
des Flugzeugs ausgeschöpft werden. Ein Abschuss berge das Risiko einer „unkontrollierten
Eskalation“, warnte Ahmetovic. Zudem würden Abschussforderungen die Bevölkerung
verunsichern.
Reservistenverband mahnt zur Zurückhaltung
Auch der Präsident des Reservistenverbands, Patrick
Sensburg, riet zur Zurückhaltung. „Das Abfangen und gegebenenfalls das Zwingen
zur Landung ist der richtige Weg. Alles andere würde eskalieren“, sagte er der Bild
am Sonntag. Schon das Abfangen setze ein „ausreichend starkes Zeichen“.
In den vergangenen Wochen hatten mehrere Nato-Staaten –
darunter Polen, Estland und Rumänien – wiederholte Luftraumverletzungen durch
russische Militärflugzeuge und Drohnen gemeldet. Die Nato bewertet dies als
gezielte Provokation Russlands. Die russische Regierung wies die Vorwürfe zurück. Die
Europäische Union kündigte derweil die Einrichtung eines „Drohnenwalls“ an, um
Verstöße künftig besser erkennen zu können.