
Der Deutsche Presserat hat eine Rüge gegen die Passauer Neue Presse (PNP) ausgesprochen. Die Zeitung hatte am 8. Februar 2024 über eine Vermisstensuche im Inntal berichtet, und dabei die Vermisste mit Namen und Bild identifiziert als „stellvertretende SZ-Chefredakteurin Föderl-Schmid“. Zum Zeitpunkt der Online-Berichterstattung wurde Alexandra Föderl-Schmid auch in der Redaktion der Süddeutschen Zeitung vermisst, und es gab keine Informationen über ihren Zustand. Die Chefredaktion der SZ teilte der Passauer Neuen Presse damals auf Anfrage mit, dass eine Namensnennung aus ihrer Sicht nicht zulässig sei. In dem PNP-Artikel, der bis heute online abrufbar ist, hieß es, dass „die Polizei befürchtet, dass sich Föderl-Schmid das Leben genommen hat“.
Darin sieht der Presserat nun eine schwere Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Alexandra Föderl-Schmid, die Nachrichtenchefin der SZ ist. Die Rüge ist das höchste Sanktionsmittel des Deutschen Presserats, der ethische Regeln im Journalismus überprüft, die im Pressekodex festgehalten sind. Der Presserat teilte am Mittwochnachmittag mit: „Das Gremium hat eine Verletzung von Ziffer 8 des Pressekodex festgestellt und eine Rüge ausgesprochen.“ Unter Ziffer 8 zum Schutz der Persönlichkeit heißt es unter anderem: „Bei einer identifizierenden Berichterstattung muss das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegen.“
Der Presserat hatte sich zunächst dagegen entschieden, die PNP zu rügen
Die Rüge gegen die Passauer Neue Presse folgt auf eine zunächst gegensätzliche Entscheidung des Presserats in dem Fall. Bereits kurz nach der Berichterstattung im Februar 2024 gingen beim Presserat mehrere Beschwerden ein. Sie wurden geprüft, doch am 13. Juni 2024 hatte sich der Beschwerdeausschuss des Presserats dagegen entschieden, die Passauer Neue Presse zu sanktionieren. Einen Verstoß gegen publizistische Grundsätze erkannte die Mehrheit der Abstimmenden damals nicht.
Die Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung kritisierte diese Entscheidung. Der Presserat habe die Folgen der identifizierenden Berichterstattung für Alexandra Föderl-Schmid, ihre Familie und die SZ-Redaktion nicht ausreichend berücksichtigt. Der Fall wurde in einer Plenarsitzung des Presserats am Mittwoch neu besprochen.
Eine deutliche Mehrheit im Plenum des Presserats hat sich nun für eine Rüge ausgesprochen. Der Deutsche Presserat ist eine freiwillige Selbstkontrolle für journalistische Print- und Onlinemedien. 2024 sprach er insgesamt 86 Rügen gegen Medien aus, in den meisten Fällen wegen Verletzungen der journalistischen Sorgfaltspflicht.