Ryder Cup in Bethpage: Golfplatz mit Herausforderung – Sport

Knapp 130 Golfplätze gibt es auf Long Island, eine solch eindrückliche Plakette aber hat nur einer. Vermutlich wird man weltweit kein weiteres vergleichbares Warnsignal finden wie das Schild, das an einem Zaun vor dem Klubhaus in Bethpage angebracht ist, es ist längst das Wahrzeichen. So wie auf Maui an entsprechend gefährlichen Stränden vorm Surfen gewarnt wird oder im legendär lawinengefährdeten La Grave vorm Skifahren, so warnen sie in Bethpage vorm Golfspielen: „WARNUNG: Der schwarze Kurs ist ein extrem schwieriger Kurs, den wir nur für sehr gut ausgebildete Golfer empfehlen.“

Und damit willkommen in Bethpage, wo von Freitag bis Sonntag der Ryder Cup ausgetragen wird. Ein Turnier, bei dem – ganz im Sinne des Schildes – nur die jeweils besten zwölf Spieler aus Europa und den USA gegeneinander antreten, in einem brillant orchestrierten Kontinentalwettkampf, in dem sich Einzelsportler als Teamspieler beweisen müssen. In diesem Jahr an einem Ort, den alle 24 als extreme Herausforderung empfinden werden – und der gleichzeitig eine öffentliche Hommage an den Golfsport ist.

Wenn in den kommenden Tagen aus aller Welt Zuschauer über die lang gezogene Halbinsel östlich von New York City einfliegen, werden sie aus der Luft viele Orte entdecken, an denen die Mehrheit von ihnen sich nie aufhalten wird. Long Island lebt von seiner Exklusivität und der fast mystischen Zurückgezogenheit der wohlhabendsten Menschen des Landes. In großen Villen hinter hohen Toren kann man hier heute noch den Nachfahren der Romanfiguren von F. Scott Fitzgeralds „Great Gatsby“ nachspüren. Oder ihnen beim Golfspielen zusehen, wenn man zwischen den Zäunen einen kurzen Blick erhascht.

Mehr als 80 der 130 Plätze in Long Island sind privat und nur wenigen hundert Mitgliedern und deren Gästen vorbehalten. Legendäre Plätze wie Shinnecock Hills oder der National Golf Links of America zählen dazu, wo Platzarchitekten im frühen 20. Jahrhundert bereits den Sport mitentwickelten, der bis heute von Millionen Menschen gespielt wird. Nur bleibt eben wie so oft in den USA auch hier der Eindruck, dass Golf kein breitenfähiger Volkssport ist, sondern ein elitäres, teures Vergnügen. Wäre da nicht Bethpage, das Gegenmodell, das nun im größtmöglichen Scheinwerferlicht steht.

Nur für sehr gut ausgebildete Golfer zu empfehlen: die legendäre Warnung vor den Tücken des schwarzen Kurses von Bethpage.
Nur für sehr gut ausgebildete Golfer zu empfehlen: die legendäre Warnung vor den Tücken des schwarzen Kurses von Bethpage. (Foto: Carl Recine/Getty/AFP)

Ein sogenannter State Park ist in diesem Jahr Ausrichter des wohl wichtigsten Golfwettbewerbs, also ein öffentlich zugängliches Grüngelände für alle. Verwaltet wird er von der zentralen Stelle für Parks und Freizeitaktivitäten, es gibt Picknickflächen, Tennisplätze und eben fünf Weltklasse-Golfplätze in den Farben rot, grün, blau, gelb und – Warnung! – schwarz. Ein wenig pointiert könnte man sich zum Vergleich vorstellen, die bayerische Schlösserverwaltung würde im Englischen Garten einen Weltklasse-Golfplatz bauen und dorthin die besten 24 Spieler der Welt sowie eine knappe Viertelmillion Zuschauer einladen. Es gäbe „nichts Schöneres“ als ein Turnier auf so einem öffentlichen Platz zu gewinnen, sagte einst Tiger Woods, als er 2002 in Bethpage die US Open gewann.

Seit 2012, als die Europäer in Medinah ein Wunder vollbrachten, hat es beim Ryder Cup keinen Auswärtssieg mehr gegeben

Ein Muni ist Bethpage, ein sogenannter Municipal Course, der nicht wohlhabenden Mitgliedern gehört oder einem internationalen Konsortium. Geschweige denn Trump Golf, der Gesellschaft des US-Präsidenten Donald Trump, die an vier Plätzen im Umkreis der Stadt beteiligt ist und dort horrende Preise aufruft. Trump stilisiert sich gerne als Liebhaber und Förderer des Golfsports, die massiven Milliarden-Einschnitte beim Budget der Parkverwaltung werden sich allerdings in den USA wohl auch beim Lieblingssport des Präsidenten niederschlagen: Munis sind aufwendig in der Erhaltung, weniger öffentliche Gelder führen direkt zu schlechten Grüns und gefährden das Rückgrat der Golfkultur für Normalverdiener.

Die konnten in Bethpage bis vor wenigen Wochen noch spielen: Mit Einwohnerausweis ist der Zugang einfach und besonders kostengünstig möglich. Wer aus der Ferne anreist, muss sich anstellen, in der Hochsaison auch mal zwölf Stunden lang oder über Nacht mit Zelt und Schlafsack. All das ist es allerdings wert, um einmal die Herausforderung des Black Course mit eigenen Augen wahrzunehmen. Mit seinen vielen Erhöhungen, den langen, eng gemähten Bahnen, den hohen, alten Bäumen wartet ein Meisterwerk des Golfplatzdesigns auf die Zuschauer, das in der kommenden Woche vorwiegend dem amerikanischen Team zur perfekten Heimat werden soll.

Sie setzen auf ihren Heimvorteil: die Golfer des US-Teams um Bryson DeChambeau.
Sie setzen auf ihren Heimvorteil: die Golfer des US-Teams um Bryson DeChambeau. (Foto: John Angelillo/UPI Photo/Imago)

Seit 2012, als die Europäer in Medinah ein Wunder vollbrachten, hat es beim Ryder Cup keinen Auswärtssieg mehr gegeben. Erklärbar ist dieser gewaltige Heimvorteil einerseits mit dem Publikum, das in Long Island besonders lautstark und einflussreich erwartet wird. Andererseits aber ist es stets dem Heimteam vorbehalten, den Platz nach den eigenen Vorstellungen herzurichten. Den Europäern etwa gelang das vor zwei Jahren bei ihrem triumphalen Erfolg in Rom meisterhaft, als sie den Marco Simone Golf Club über Jahre so umbauten, dass er den Stärken der eigenen Spieler besonders entgegenkam.

Die Amerikaner wollen in diesem Jahr ihren eigenen Ansatz finden, sie haben dafür sogar dem Biest ein paar Zähne gezogen: Um einige hundert Meter kürzer ist Bethpage Black, das soll US-Spielern wie dem wuchtigen Bryson DeChambeau dabei helfen, mit ihren langen Schlägen näher an die Grüns heranzukommen. Die Europäer werden dagegen analysieren. Auf beiden Seiten ist der Ryder Cup längst nicht mehr nur ein Wettstreit der Spieler, sondern auch der Statistikteams im Hintergrund, die mit spektakulär komplexen Datensätzen Strategien ausarbeiten.

Dass Bethpage Black, einer der weltweit schwierigsten Plätze, dadurch zahmer wird, damit ist allerdings nicht zu rechnen. Das Schild haben sie hängen lassen, jeder Spieler wird auch in dieser Woche daran vorbeigehen, gewarnt sein – und daran erinnert, an welch besonderem Ort des Golfsports er sich aufhält.