Im Finale der Basketball-EM trifft das deutsche Team auf die Türkei. Wie das DBB-Team sind auch die Türken ungeschlagen durch das Turnier gekommen. Angeleitet wird das Team von einem exzentrischen Trainer und angeführt von Center Alperen Sengün.
Zwei Fäuste in die Luft gereckt – das ist die Jubelgeste von Ergin Ataman, dem Nationaltrainer der Türkei. Ataman ist einer der erfolgreichsten Coaches Europas. Der Türke hat dreimal die Euroleague gewonnen, den wichtigsten Wettbewerb im europäischen Vereinsbasketball: zweimal mit Anadolu Efes Istanbul und dem deutschen Center Tibor Pleiß, und zuletzt 2024 mit Panathinaikos Athen beim Final Four in Berlin.
Die Türkei braust durch das Turnier
Auch türkischer Nationaltrainer war Ataman schon mal, allerdings ohne großen Erfolg. Bei der Weltmeisterschaft 2014 wurde er Achter und ein Jahr später bei der Eurobasket landete sein Team auf dem 14. Rang. Seit 2022 coacht er wieder sein Heimatland, und diesmal braust sein Team durchs Turnier. Ohne Niederlage schafften es die Türken ins Finale und begegnen dort an diesem Sonntag Deutschland (20 Uhr im Audiostream und im Live-Ticker bei sportschau.de ), dem einzigen anderen ungeschlagenen Team der Europameisterschaft.
Bei diesem Marsch Richtung Titel läuft auch Atamans Sohn Sarp mit. Das Besondere: Sarp ist erst 15. Er ist kein offizieller Assistent, aber immer beim Team dabei. Am Abend vor dem EM-Finale gegen Deutschland trainieren die Türken noch mal. Die letzten Minuten der Einheit dürfen Medienvertreter beobachten, und als nach wenigen Momenten auch der letzte Spieler mit Üben fertig ist, Shane Larkin, der eingebürgerte Spielmacher, darf Sarp ran. Er wirft als Letzter noch auf den Korb und ab und zu trifft er auch.
Der 15 Jahre alte Sohn assistiert dem Trainer
Wenige Minuten später tritt im Pressraum nebenan sein Vater Ergin auf zur Endspiel-Pressekonferenz. Die Sportschau fragt Vater Ataman nach der genauen Rolle seines Sohns im Team: „Er hat während der Turniervorbereitung angefangen zu arbeiten wie ein Assistenztrainer. Er hilft beim Scouting. Er arbeitet mit Spielern individuell, sagt mir vor dem Spiel manchmal großartige Sachen. Und er hat viel Erfahrung.“
Der türkische Basketball-Nationaltrainer Ergin Ataman
Stirnrunzeln im Presseraum und gespannte Stille, wie Vater Ataman den reichen Erfahrungsschatz des 15-Jährigen begründet. „Er hat drei Mal die Euroleague gewonnen mit mir. Er war immer ganz nah dran, an der Bank, in der Kabine. Darum ist er einer der erfahrensten Menschen bei diesem Turnier in Sachen Trophäen.“
Lachen im Raum, aber Ataman senior ist noch nicht fertig. „Und er ist bereit. Er ist am bereitesten von uns allen.“ Auf Nachfrage, ob sein Sohn Sarp beim Titelgewinn dann auch beide Fäuste in die Luft recken werde wie der Papa, grinst Ataman sein breitestes Grinsen der ganzen Pressekonferenz und sagt: „Ich denke, ja. Ich denke, ja.“
Griechenland im Halbfinale gedemütigt
Wichtiger als Sarps Beitrag dürfte sein, wie Vater Ergin das Team einstellt. Der Cheftrainer kommt zügig auf den Punkt: „Wir haben bislang ein perfektes Turnier gespielt. Wir spielen jedes Spiel mit dem gleichen Tempo und der gleichen Aggressivität und werden das auch nicht ändern. Wir werden auch im Finale mit der gleichen Strategie antreten wie immer. Mein Team ist bereit für den Europameistertitel.“
In der Tat wackelten die Türken in der K.o.-Phase nur im Achtelfinale. Da mühten sie sich gegen den Außenseiter Schweden 85:79 in die nächste Runde und profitierten von einigen strittigen Pfiffen der Schiedsrichter. Danach erledigten sie Polen souverän mit 91:77 und demütigten die Griechen im Halbfinale mit 94:68.
Schröder: „Alperen Sengün ist der Kopf der Schlange“
Deutschland dürfte sich im Finale schwertun beim Rebound, und das liegt auch an der Naturgewalt Alperen Sengün. Der wuchtige Center fischt im Schnitt elf Abpraller vom Brett, der zweitbeste Wert des Turniers. Dazu erzielte er 21 Zähler und hat ein gutes Auge für kluge Pässe. Den NBA-Profi muss Deutschland gemeinschaftlich verteidigen, denn in der Nähe des Rings im Eins-gegen-eins ist er kaum zu halten. Sengün gilt als einer der Top-Kandidaten bei der Wahl zum wertvollsten Spieler der Eurobasket.
Dennis Schröder kennt ihn aus einer gemeinsamen Saison bei den Houston Rockets. Der deutsche Kapitän sagt: „Alperen Sengün ist ein guter Junge. Er konnte am Anfang bei den Rockets noch nicht so gut Englisch. Ich habe versucht, ihm zu helfen.“ Schröder nennt Sengün den „Kopf der Schlange“ und lobt, wie gut er die türkische Mannschaft anführe. „Aber das interessiert alles nicht. Wir wollen Gold holen und werden alles Mögliche versuchen, ihn als Team zu stoppen.“
Zuletzt begegneten sich beide Mannschaften vor einem Monat beim Super Cup in München, einem Vorbereitungsturnier. Die türkischen Spieler überraschten damals mit ihrer Einstellung: Sie hechteten verlorenen Bällen hinterher und ackerten so leidenschaftlich, als sei es ein Entscheidungsspiel. Deutschland gewann den Test mit Glück 73:71. Diese Partie habe seinem Team gezeigt, wozu es imstande sei und dass es sich auch vor den anderen Großen wie Serbien und Griechenland nicht zu sorgen brauche, sagt Ergin Ataman.
„Über die vergangenen zehn Jahre bin ich der beste Trainer in Europa“
Und dann haut Coach Ergin Ataman noch einen raus bei der Pressekonferenz vor dem Finale. Ein Journalist konfrontiert ihn damit, dass er als Klubtrainer deutlich erfolgreicher sei als mit der Nationalmannschaft und inwiefern er sich entwickelt habe: „Man kann sagen, es ist mein Ego. Man kann sagen, es ist die Realität, aber über die vergangenen zehn Jahre gesehen bin ich der beste Trainer in Europa. Überall wo ich war, habe ich die Titel geholt. Der einzige Unterschied zur Arbeit in den Klubs ist: Da muss ich immer Englisch reden und mein Englisch ist nicht perfekt. Hier bei der Nationalmannschaft rede ich Türkisch. Vielleicht verstehen meine Spieler mich deshalb besser und alles ist einfacher.“
Ataman bekräftigt dann noch mal: „Wenn ich im Finale bin, gewinne ich.“ Und schließlich kündigt er an, wie das aussehen werde, und dafür muss man nicht perfekt Englisch sprechen. „Ich werde beide Fäuste in die Luft recken.“ Die Jubelgeste von Vater Ergin, die dann wohl auch sein Sohn Sarp zeigen wird.