
Borussia Dortmund hat sich im DFB-Pokal zum Weiterkommen gezittert und ein Aus im Revierderby bei Rot-Weiss Essen nur mit viel Mühe abgewendet. Das Team von Trainer Niko Kovac gewann am Montagabend mit 1:0 (0:0) glücklich bei dem Drittligisten und durfte sich vor allem beim herausragend haltenden Schlussmann Gregor Kobel bedanken.
Neben Kobel wurde vor 19 300 Zuschauern im Stadion an der Hafenstraße Siegtorschütze Serhou Guirassy zum Matchwinner. Der Stürmer sorgte mit einem trockenen Abschluss ins lange Eck (79. Minute) für die Entscheidung in einem emotionalen Derby. Trotz des Weiterkommens gab der BVB wenige Tage vor dem Start in die neue Bundesliga-Saison ein sportlich alarmierendes Bild ab. „Es war eher fahrig. Wir hatten das Spiel nicht unter Kontrolle, aber manchmal entscheiden Einzelaktionen“, sagte Mittelfeldspieler Julian Brandt. „Im Endeffekt haben wir es hinbekommen. Das ist das, was mich glücklich macht.“
Der sommerlich-laue Fußball-Abend, an dem schon Stunden vor Anpfiff Fans in Rot und Schwarz-Gelb durch die Stadt zogen, begann im ausverkauften Stadion mit einem Moment der Stille. Die beiden Vereine erinnerten mit einer Gedenkminute an den ehemaligen Fußball-Weltmeister Frank Mill, der vor zwei Wochen im Alter von 67 Jahren gestorben war. Der Essener Mill hatte in seiner Karriere für beide Klubs gespielt. Der BVB, zu Beginn ohne Jobe Bellingham und Julian Brandt, erwischte den besseren Start. Erste Schussversuche von Marcel Sabitzer (1.) und Felix Nmecha (3.) waren für Essens Torhüter Jakob Golz aber keine echte Herausforderung. Sukzessiv fand der Außenseiter besser ins Spiel – befeuert vom lautstarken Heimpublikum, das sich zum Revierderby in Bestform zeigte.
Unterschiede zwischen dem Drittligisten mit einem Kaderwert von sieben Millionen Euro und dem mit Stars gespickten Champions-League-Klub waren lange nicht auszumachen. Gleich mehrere Male brach der starke Ramien Safi mit Tempo durch und spurtete alleine Richtung BVB-Tor. Einmal klärte Waldemar Anton (23.) in höchster Not, einmal parierte Schlussmann Gregor Kobel (41.) exzellent. Der Torwart verhinderte nicht nur mehrere Male den Rückstand, sondern brüllte seine Vorderleute auch lautstark an. Gut sechs Wochen nach der achtbaren Leistung beim Klub-WM-Aus gegen Real Madrid war der international ambitionierte BVB kaum wiederzuerkennen. Es drohte eine Blamage in Runde eins, wie sie der Verein zuletzt im August 2005 bei Eintracht Braunschweig erlebt hatte.
Mit dem Doppelwechsel ändert Kovac auch das System
In der Pause reagierte Kovac zunächst nicht. Bellingham und Brandt wärmten sich zwar auf, kamen aber erst nach gut einer Stunde in die Partie. Und Essen witterte seine Chance. „Wir sind nicht der Favorit, doch bereit alles zu geben“, schrieben die Fans auf ein Banner, und die Spieler setzten es vollends um. Mit dem Doppelwechsel änderte Kovac auch das System, der bis dato blasse Serhou Guirassy war nun einzige Spitze. Kurz darauf kam Guirassy im Strafraum zu Fall, doch der kurze Kontakt war für Referee Frank Willenborg viel zu wenig. Ein scharf getretener Freistoß von Brandt (70.) landete am Außennetz, Guirassy brachte den BVB mit seinem trockenen Schuss zum 1:0 dann doch noch auf die Siegerstraße. In der Nachspielzeit näherten sich die kämpfenden Gastgeber noch einmal dem BVB-Tor, Kobel entschärfte aber einen Schuss von Tom Moustier.
Bei den Dortmundern gab es trotz des Erfolgs sorgenvolle Mienen: Kurz vor dem Schlusspfiff stieg Essens Kelsey Owusu mit gestrecktem Bein auf Yan Coutos Knie. Der BVB-Akteur krümmte sich nach dem mit einer gelben Karte bestraften Foul vor Schmerzen und musste mit einer Trage abtransportiert werden.