Waldbrände: Warum gibt es nicht mehr Löschflugzeuge?

Immer mehr Brände auf der Iberischen Halbinsel geraten außer Kon­trolle. In Spanien verbrannten in den ersten beiden Augustwochen mehr als 100.000 Hektar. Im benachbarten Portugal wüten gleichzeitig sieben große Feuer. Verzweifelt sucht man in beiden Ländern nach Löschflugzeugen. Doch die sind knapp, angesichts der Welle von Bränden, die auch Griechenland erfasst hat.

Spanien hat in dieser Woche zum ersten Mal überhaupt den EU-Katastrophenschutzmechanismus für Waldbrände aktiviert, wie das Emergency Response Coordination Centre (ERCC) in Brüssel mitteilte. Frankreich schickte daraufhin zwei Flugzeuge nach Galicien im Nordwesten des Landes, wo die Einsatzkräfte mit den zahlreichen Bränden völlig überfordert sind. Insgesamt 56 Spezialflugzeuge sind nach Angaben der Regierung in Madrid schon im Einsatz. Rund die Hälfte davon sind Löschflugzeuge, damit ist es die größte entsprechende Flotte in der EU. Sie reicht jedoch längst nicht aus.

In Portugal ist die Lage noch schlimmer. Dort verfügt der Staat über kein einziges eigenes Löschflugzeug. Zwei privat gemietete Flugzeuge, die nicht einsatzfähig waren, wurden erst in dieser Woche ersetzt. Marokko kam unterdessen dem EU-Land zur Hilfe. Zum Vergleich: Das kleinere Griechenland hat eine Flotte für den Löscheinsatz, die bis zu 18 Flugzeuge umfasst. Athen forderte jedoch selbst am 12. August bei der EU Flugzeuge an, wie das zuvor Bulgarien, Albanien und Montenegro getan hatten.

Es gibt keine große Auswahl bei diesen Flugzeugen

Die Forderung nach mehr Löschflugzeugen, die angesichts der vielen Brandherde im Süden Europas und der begrenzten Möglichkeiten, sie zu bekämpfen, immer wieder erhoben wird, ist aber nicht so einfach zu erfüllen – denn eine große Auswahl gibt es nicht bei diesen Spezialflugzeugen. Dabei kann ihr Einsatz gerade im Mittelmeerraum oft entscheidend sein. In den unzugänglichen Regionen im Hinterland der Küsten sind sie – neben Hubschraubern – meist die einzige Chance, einen Brandherd einzudämmen und die Feuerwehren am Boden effektiv zu unterstützen.

Es gibt in der westlichen Welt aber nur einen einzigen Anbieter von großen Löschflugbooten. Das sind die Flugzeuge vom Typ Canadair 215T oder 415 des Herstellers Bombardier. Seit 2016 gehören diese Spezialflugzeuge zum kanadischen Flugzeugbauer Viking Air, heute DeHavilland Aircraft of Canada. Seither steht die Produktion allerdings still. Das Nachfolgemodell der 415, die 515 mit 15 Prozent mehr Löschwasser, ist zwar bereits in der Entwicklung. Bis die Produktion des neuen Modells aber beginnen und dann auch hochgefahren werden kann, wird es mindestens noch zwei bis drei Jahre dauern. Die Lieferzeit erhöht sich unterdessen von Woche zu Woche, da immer mehr Länder und Unternehmen weltweit Löschflug­zeuge kaufen wollen.

Die Canadair 215/415 wurde in ihren Grundzügen bereits Ende der Sechzigerjahre entwickelt. Diese Flugboote haben heute zwei Propellerturbinen. Die 415 hat als modernste Version – anders als die 215-T-Variante – vier statt zwei Löschtanks. Die Canadair 215T/415 ist zudem das einzige Flugzeug der westlichen Welt, das speziell auf die Feuerbekämpfung aus der Luft hin konstruiert wurde. Durch ihr Amphibienfahrgestell kann sie sowohl auf Land als auch auf Wasser starten und landen. Etwas mehr als 6100 Liter Wasser kann die Canadair bei jedem Einsatz ­abwerfen.

Es gibt in der westlichen Welt aber auch kleinere Flugzeuge, die speziell für den Löscheinsatz gebaut werden – etwa die amerikanische AT-802 Fire Boss. Das ist ein Turboprop-Löschflugzeug, das auf Grundlage eines Agrarflugzeugs vom amerikanischen Hersteller Air Tractor entwickelt wurde. Das einmotorige Flugzeug besitzt amphibische Schwimmer mit einziehbaren Rädern, es kann also sowohl von Land als auch von Wasser aus operieren. Die Fire Boss kann ebenso wie eine Canadair auf einem See oder dem Meer Löschwasser aufnehmen, während sie über die Wasseroberfläche gleitet. Dadurch muss nicht zeitraubend eigens auf einem Flugplatz zur Löschmittelaufnahme gelandet werden. Die Fire Boss ist deutlich wendiger und preiswerter als die Canadair, sie kann aber mit 3000 Liter auch nur die Hälfte von deren Löschmittelmenge je Einsatz über dem Feuer abwerfen.

Die luxemburgische Fracht-Airline ­Cargolux hat im vergangenen Jahr ein Dutzend dieser Spezialflugzeuge für ihren neugegründeten ­Geschäftszweig Löschflug bestellt. Allerdings hat sich eine der ersten ausgelieferten AT-802 Fire Boss im vergangenen Juni bei einem missglückten Startversuch auf dem Mittelmeer in der Türkei überschlagen und dürfte ein Totalschaden sein. Beide Piloten überstanden den Crash ­unbeschadet.

Nur ein Flugzeugtyp kann nachts löschen

In einer ganz anderen Liga spielt die Hercules von Lockheed-Martin. Schon vor fünf Jahren hat der amerikanische Hersteller eine spezielle Löschvariante seiner seit Jahrzehnten bewährten Hercules-Transportflugzeuge mit der Bezeichnung LM-100J FireHerc vorgestellt. Dieses viermotorige Turboprop-Flugzeug wird schon seit mehr als 60 Jahren produziert und ist in den Baureihen C-130 Hercules, Super Hercules und L-100 in rund 2500 Exemplaren im Einsatz. Wegen seiner Robustheit dient es sogar als Hurrikan-Forschungsflugzeug. Es existieren auch mehrere nachträglich zum Löschflugzeug um­gebaute Versionen.

Zwar wird die Hercules vor allem als Militärtransporter eingesetzt, es gibt sie nun aber auch in einer zivilen Variante. Die FireHerc-Version kann bei jedem Einsatzflug bis zu 20.000 Liter Löschmittel auf zweierlei Weise abwerfen: entweder mithilfe der Schwerkraft oder durch ein Druckluftsystem. Damit sind punktgenaue Einsätze über dem Brandherd möglich. Das extrem robuste Flugzeug kann auf Gras, Schotter und anderen unbefestigten Pisten innerhalb von knapp 1000 Metern aufsetzen und abheben. Dadurch kann es näher am Brandherd und ohne Flugplatz­anbindung operieren, zeitraubende An- oder Abflüge werden verkürzt.

Zudem ist die FireHerc das derzeit einzige Flugzeug, das auch nachts löschen kann. Denn Löscheinsätze werden immer im Sichtflug geflogen. Die FireHerc hat verschiedene Multispektralsensoren sowie eine synthetische Darstellung des Geländes als sogenanntes Head-up-Display im Cockpit. Damit wissen die beiden Piloten computergeneriert immer, wo sie sind und wie das Terrain unter ihnen aussieht. Mithilfe dieser Darstellung können sie sogar bei Dunkelheit, in Wolken oder im Rauch über dem Feuer nach Sichtflug­regeln ihre Feuerlöscheinsätze fliegen.

Die Europäische Kommission hat ­600 Millionen Euro für die Anschaffung von zwölf neuen Löschflugzeugen bereit­gestellt, die in Portugal, Spanien, Frankreich, Italien, Kroatien und Griechenland stationiert werden sollen. Sie sollen um drei Hubschrauber ergänzt werden, die in der Slowakei, Rumänien und der Tschechischen Republik ihre Stützpunkte haben werden. Die ersten Hubschrauber dieser Flotte sollen nach EU-Angaben 2026 geliefert werden, die ersten Flugzeuge sollen während der Waldbrandsaison 2028 zur Verfügung stehen.

Bis dahin kann das Katastrophenschutzverfahren der EU auf den freiwilligen Europäischen Katastrophenschutz-Pool der Mitgliedstaaten zurückgreifen. Dazu gehört eine Reserve von Spezialflugzeugen. Für die Waldbrandsaison 2025 haben Zypern, die Tschechische ­Republik, die Slowakei, Griechenland, Spanien, Frankreich, Kroatien, Italien und Schweden 22 Löschflugzeuge und vier Hubschrauber bereitgestellt, die anderen EU-Mitgliedstaaten im Notfall zur Verfügung stehen. EU-Flugzeuge halfen in ­diesem Frühjahr auch bei Waldbränden in ­Israel. Doch momentan müssen sich viele Länder erst einmal selbst helfen.