Handyverbot und Digitalcheck: Was sich im neuen Schuljahr ändert

Von einem „Ritterschlag“ hat der hessische Kultusminister Armin Schwarz am Freitag in seiner Pressekonferenz zum Auftakt des neuen Schuljahrs gesprochen. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina empfiehlt, die Nutzung von Smartphones in Kitas und Schulen bis einschließlich Klasse 10 nicht zuzulassen. Damit unterstützt die unabhängige und angesehene Gelehrtengesellschaft die wichtigste Änderung im Alltag des in Hessen beginnenden Schuljahrs.

Die Regierungskoalition von CDU und SPD hat beschlossen, dass die private Nutzung von Geräten wie Smartphones, Tablets oder Smartwatches auf dem Schulgelände grundsätzlich nicht mehr erlaubt ist. Ausnahmen können lediglich für weiterführende Schulen gemacht werden. Die Nutzung von Tablets und Handys im Unterricht bleibt zulässig. Die Fachleute seien sich einig, dass die Regelung die Konzentration, die Leistungsfähigkeit, das seelische Wohlbefinden und das soziale Miteinander der Schüler fördere, sagte Schwarz.

Er unterstrich, dass angesichts des wachsenden Einflusses sozialer Medien, digitaler Alltagskommunikation und jugendkultureller Phänomene auch die Medienkompetenz gestärkt werden müsse. Neben den Programmen für Schüler und Lehrer sollen Ende August digitale Elternabende zu dem Thema stattfinden.

Digitaler „Online Check“ geplant

Schwarz berichtete, dass sich das Schulportal Hessen mit mehr als einer Million Nutzer zu einer „zentralen digitalen Drehscheibe“ entwickelt habe. Im ersten Schulhalbjahr soll sie mit dem Chatbot „telli“ bestückt werden. Er generiert mit Hilfe von künstlicher Intelligenz wie beispielsweise ChatGPT Texte, enthält aber Filter. „Die Frage, wie man eine Bombe baut, wird nicht beantwortet“, hob Schwarz hervor.

Das neue Angebot sei beispielsweise für die Vorbereitung des Unterrichts und das individuelle Lernen hilfreich, sagte Schwarz. Zur individuellen Förderung im Mathematikunterricht soll im Laufe des Schuljahrs für die Klassenstufen vier bis sechs ein digitaler „Online Check“ entwickelt erden. Er soll eine präzise, standardisierte Erfassung mathematischer Basiskompetenzen ermöglichen. Darauf aufbauend werden den Lehrkräften passgenaue, direkt einsetzbare Fördermaterialien angeboten.

Die Zahl der Lehrerstellen bezifferte der Minister mit 61.660. Damit sei eine stabile Unterrichtsversorgung gewährleistet. Die mehrfach gestellte Frage, wie viele Lehrkräfte fehlten, beantwortete Schwarz nicht. „Die Zahlen ändern sich jeden Tag.“

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft teilte dazu am Freitag mit, dass die Zahl der voll ausgebildeten Lehrkräfte auch im neuen Schuljahr „zu gering“ bleibe. Sie reiche nicht aus, um in den Ruhestand gehende Kollegen zu ersetzen und den wachsenden Anforderungen durch steigende Schülerzahlen und den in einem Jahr in Kraft tretenden Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz an Grundschulen, gerecht zu werden.

Gemeinsame Überlastungsanzeige von 41 Grundschulen

„Der Kampf gegen Unterrichtsausfall und Lehrkräftemangel sollte das wichtigste Thema für den Kultusminister sein“, äußerte der FDP-Landtagsabgeordnete Moritz Promny. Aber Schwarz kümmere sich lieber darum, Waffen und Smartphones zu verbieten. Die Grünen gehen von 1110 fehlenden Lehrkräften aus. Dies seien 280 mehr als im Schuljahr zuvor, konstatierte der Abgeordnete Daniel May.

Diese Zahlen hat er nach eigenen Angaben aus den Rohdaten errechnet, die in Antworten der Landesregierung auf Anfragen der grünen Landtagsfraktion enthalten seien. Im Gegensatz zu den meisten seiner Amtskollegen in anderen Bundesländern wolle der hessische Kultusminister gar nicht so genau wissen, wie viele Lehrer fehlten.

DSGVO Platzhalter

Schwarz‘ Vorgänger Alexander Lorz (CDU) habe mit großem Aufwand ein digitales Erfassungssystem entwickeln lassen. Doch die für das Schuljahr 2023/2024 geplante flächendeckende Einführung hätten CDU und SPD „unter dem Deckmäntelchen des Bürokratieabbaus fallengelassen“. Nun solle es nur stichprobenartige Erhebungen geben. May forderte den Kultusminister auf, „seine Verschleierungstaktik zu beenden“.

Die gemeinsame Überlastungsanzeige von 41 Grundschulen im Raum Wiesbaden zeige, dass viele Kollegien am Limit arbeiten, so May. Darum müssten weitere Wege ins Lehramt geschaffen werden. „Ein-Fach-Lehrkräften“ den Quereinstieg zu ermöglichen, sei nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Andere Bundesländer hätten sich schon auf den Weg gemacht und beispielsweise Quereinstiegs-Masterstudiengänge sowie Modellversuche zur dualen Lehrkräfteausbildung geschaffen. Hier dürfe Hessen nicht den Anschluss verlieren.