NSU-Terroristin: Opferfamilien fordern Ausschluss von Zschäpe aus Aussteigerprogramm

Die Angehörigen von drei Mordopfern des NSU fordern, die verurteilte Täterin Beate Zschäpe aus einem Aussteigerprogramm für Neonazis auszuschließen. Anfang August wurde sie nach mehreren abgelehnten Versuchen in das Programm Exit aufgenommen. Dagegen starteten die Töchter von Enver Şimşek, Theodoros Boulgarides und Mehmet Kubaşık am Donnerstag eine Petition auf der Onlineplattform Campact. In ihrem Statement beklagen die Initiatorinnen, sie hätten erst durch die Medien von Zschäpes Teilnahme an dem Programm erfahren. 

In der Petition fordern sie, Zschäpe soll aus dem Exit-Programm ausgeschlossen werden, solange sie ihr Wissen über die rechtsextreme Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund, kurz NSU, und dessen Unterstützernetzwerk nicht vollständig offenlege. Sie verweisen darauf, dass die im NSU-Prozess an Zschäpe gerichteten Fragen bislang unbeantwortet geblieben seien. Ungeklärt ist unter anderem, wie die Gruppe ihre Opfer auswählte, von wem sie unterstützt wurde und ob es Kontakte zu Sicherheitsbehörden gab. Die Initiatorinnen bezeichnen Zschäpe als „Frau, die bis heute keine echte Reue“ gezeigt habe. „Exit sollte Glaubwürdigen helfen, nicht verurteilten NSU-Terroristinnen, die jahrzehntelang die Aufklärung mutwillig behindern“, teilte Mitinitiatorin Mandy Boulgarides auf Nachfrage der ZEIT mit. 

Zschäpe war 2018 vom Oberlandesgericht München unter anderem wegen gemeinschaftlichen zehnfachen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt worden. Sie war Teil des NSU, der aus rassistischen Motiven zwischen 2000 und 2007 neun Geschäftsleute und eine Polizistin ermordete. Neben Zschäpe bestand die Terrorzelle aus Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die sich das Leben nahmen und damit den NSU selbst enttarnten. 

Die Angehörigen der Opfer kritisieren seit Jahren, sie seien bei den Ermittlungen kriminalisiert, ignoriert und allein gelassen worden. Auch jetzt verlangen sie eine stärkere und dauerhafte Unterstützung der Hinterbliebenen und Überlebenden der Mord- und Anschlagsserie des NSU sowie aller Opfer rechter Gewalt. „Es ist ein falsches, nahezu gefährliches Signal, Täterinnen wie Zschäpe zu schützen, während die Unterstützung der Opfer und Hinterbliebenen zu kurz kommt“, sagte Boulgarides. 

Ähnlich äußerte sich Gamze Kubaşık auf Nachfrage der ZEIT: „Für mich ist klar: Der Fokus muss auf den Opfern und ihren Familien liegen, auf dem, was wir durchgemacht haben und was wir brauchen, um endlich Gerechtigkeit zu erfahren.“ Zschäpe habe jahrelang die Aufmerksamkeit bekommen, während die Angehörigen „auf die Rolle von Randfiguren“ reduziert worden seien. Konkret fordern die Initiatorinnen rechtliche, finanzielle, psychologische und institutionelle Hilfe, einschließlich angemessener Opferrenten.