Labubus oder Lafufus: Ein Vater im Plüsch-Albtraum – Gesellschaft

Wissen Sie, was auch aus China kommt und noch schwerer zu bekommen ist als ein Labubu, also jene Plüschtiere, für die sich auf der ganzen Welt Menschenschlangen um Häuserblöcke bilden? Aus dem Sortiment genommene Gardinenhäkchen „eines großen schwedischen Möbelhauses“, wie wir Journalisten so pfiffig schreiben. Die Dinger brauche ich. Das sind so die Sehnsüchte eines 41-jährigen Vaters im Umzugskistenchaos.

Am Sonntag, den 3. August, verließ ein Zweihunderterpack der kleinen weißen Replikate die „Local Facility GUANGZHOU, GUANGDONGSHENG“. Drei Tage später, um 7 Uhr 27, kam es laut Sendungsverfolgung am „RENHE STREET Express Business Point“ zu einer „Fahrzeugdichtung“. Am 7. August wurde der „Versand geladen“, und man forderte mich auf: „bereiten Sie sich auf den Send an die nächste Station vor“. Seitdem verliert sich die Spur.

Ich liege nachts wach (vor dem Fenster ist eine Straßenlaterne) und stelle mir vor, dass meine zweihundert Gardinenhäkchen in einem vergessenen Container mit zweihundert Labubus kuscheln. Eine Ladung wertloses Plastik, das dank des schwedischen Möbelhauses, das neue Gardinensysteme verkaufen will, und der chinesischen Firma „Pop Mart“, die Plüschmonster mit Zahnfehlstellung zu Weltstars macht, zum Luxusgut wurde.

Keine Sorge, ich warte nicht mit der nächsten These zum Hype auf. Überflüssiger als die Labubus erscheinen mir nur die Analysen der Labubus. Ist China jetzt cool (New York Times)? Der peinliche Höhepunkt einer Waren-Fetischisierung (Der Freitag)? Steckt hinter der Labubu-Kritik Frauenhass (Margarete Stokowski)? Mir ist alles recht, was aus China viral geht, solange es nicht wieder ein Virus ist, das die Welt lahmlegt. Wobei der Labubu-Store in Berlin wenigstens das Alexa lahmlegt, das hässlichste Einkaufszentrum der Welt.

Mir fällt kein Trend ein, an dem ich in meiner Kindheit oder Jugend richtig teilgenommen hätte. Ich wollte unbedingt so eine aufknöpfbare Jogginghose des deutschen Sportartikelherstellers mit den drei Streifen, die man „Schnellfickerhose“ nannte, obwohl mit Sicherheit nie jemand Geschlechtsverkehr hatte, der so was trug. Als meine Eltern sich erbarmten, mir eine zu kaufen, gab es im Geschäft nur ein Exemplar, das mir zu groß war. Weil das Teil so schlabberte, trug ich es nie.

Auf der Auer Dult in München angelte ich mit meinen Töchtern stundenlang nach Enten, um Labubus zu gewinnen

Natürlich haben meine beiden Töchter ein Labubu. Ich glaube, die Vierjährige wusste gar nicht, was das ist. Sie fragte, wann sie ihren „Stanley Cup“ (das andere Objekt der Begierde ihrer zehnjährigen Schwester) „mit Labubu“ bekomme. Aber so riesige Trinkgefäße für US-amerikanische Helikoptermoms? Nein. Lieber angelte ich mit den beiden auf der Auer Dult in München stundenlang nach Enten, um Labubus zu gewinnen. Vergeblich. Danach waren sie traurig und ich pleite, und wir schleppten uns durch alle Läden der Stadt, bis wir in einem düsteren Späti zwei Mystery-Boxen fanden, für überschaubares Geld. Meine Frau behauptet, es handle sich um Lafufus, falsche Labubus, aber ich will nur noch meine Ruhe.

Ich las von einem Vater in der chinesischen Provinz Jiangsu, 1600 Kilometer entfernt von der RENHE STREET in GUANGZHOU. Weil er für seine Tochter kein Labubu bekam, nähte er ihr mit den eigenen Händen eins. Sie finden mich am 3D-Drucker, wie ich zweihundert verdammte Gardinenhäkchen rauspresse. Patrick Bauer

In dieser Kolumne schreiben Patrick Bauer und Friederike Zoe Grasshoff im Wechsel über ihren Alltag als Eltern. Alle bisher erschienen Folgen finden Sie hier