Gelungene „Workation“: Homeoffice im Ausland? Was rechtlich gilt

Das Urlaubsgefühl verlängern und noch ein paar Tage oder Wochen am Urlaubsort arbeiten: „Workation“ ist erlaubt, aber nur mit klarer Absprache. Rechtsexpertinnen erklären die wichtigsten Spielregeln.

Das Kundengespräch aus dem Strandkorb führen oder die neuesten Unternehmenszahlen in der Skihütte aufbereiten. Was für viele Arbeitnehmer wie ein Traum klingt, kann Wirklichkeit werden. „Workation“ nennt man die Mischung aus Arbeit und Urlaub. Diese Form des mobilen Arbeitens kommt aber mit vielen Vorgaben und potenziellen Fallstricken, andernfalls drohen rechtliche und finanzielle Konsequenzen.

Worauf müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber achten? Rechtsexpertinnen geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Ist Homeoffice im Ausland erlaubt?

„Erlaubt ist alles, was vereinbart ist“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht. Grundsätzlich ist Homeoffice im Ausland also möglich, vorausgesetzt der Arbeitgeber stimmt zu. Der habe nämlich das Recht, den Inhalt, den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen zu bestimmen, sagt Kaarina Hauer. Sie ist Abteilungsleiterin der Rechtsberatung und Rechtspolitik bei der Arbeitnehmerkammer Bremen. Ist die Auslandsarbeit nicht explizit vereinbart, ist sie auch nicht zulässig. Wer ohne vorherige Absprache im Ausland arbeitet, riskiert seinen Job. „Das ist sanktionsfähig und kann Grund für eine fristlose Kündigung sein“, so Oberthür.

Welche Bedingungen müssen berücksichtigt werden?

Ob auf der Skipiste in Berchtesgaden oder am Strand von Bali: Wer fernab des gewöhnlichen Arbeitsplatzes tätig sein will, muss sich mit unterschiedlichen Rechtsfragen befassen. Die reichen beispielsweise vom Aufenthalts- und Arbeitsrecht über Datenschutzgesetze bis hin zu versicherungs- und steuerrechtlichen Fragen. Und in nahezu all diesen Aspekten wird der Arbeitgeber in die Pflicht genommen. „Deswegen sind Arbeitgeber oft so zurückhaltend, was Arbeit im Ausland betrifft. Sie sind diejenigen, die sich Gedanken machen müssen, welches Recht eigentlich eingehalten werden muss“, sagt Oberthür.

Dabei spielen zwei wesentliche Faktoren eine Rolle: die Dauer und der Ort. Eine kurzzeitige Verlegung des Arbeitsplatzes innerhalb Deutschlands sei etwa einfacher zu realisieren als innerhalb der EU, sagt Hauer. Noch schwieriger werde es bei kurzen Arbeitsaufenthalten außerhalb der EU – besonders herausfordernd sei eine längere und womöglich unregelmäßige Arbeit in Drittstaaten.

Was ist der Unterschied zwischen einer kurzen „Workation“ und einem längeren Auslandsaufenthalt?

Die Dauer und der Ort des Aufenthalts können sich beispielsweise steuerrechtlich oder auch auf die Frage nach der Sozialversicherung auswirken. „Der sozialversicherungsrechtliche Grundsatz besagt: In dem Land, in dem ich arbeite, muss ich auch meine Sozialversicherungsbeiträge abführen“, erklärt Hauer.

Muss ich meine Sozialversicherungsbeiträge also an das Urlaubsland zahlen? In der Regel nicht, denn es gibt Ausnahmen und bilaterale Abkommen. So gilt innerhalb der EU: „Wenn mindestens 25 Prozent der Tätigkeit in Deutschland erfolgt, der Arbeitgeber seinen Sitz in Deutschland hat und auch der Arbeitnehmer in Deutschland wohnt, findet auch weiterhin das deutsche Sozialversicherungsrecht Anwendung“, so Hauer.

Grundsätzlich empfehle sich in der Praxis aber, die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) beziehungsweise den Spitzenverband der Krankenkassen Bund zu kontaktieren und den konkreten Fall verbindlich abzustimmen.

Wo gibt es Fallstricke?

Bei der Planung einer „Workation“ kann es viele Fallstricke geben, die individuell unterschiedlich sind. Bestenfalls hat der Arbeitgeber bereits eine Betriebsvereinbarung oder Richtlinie zum Thema „Workation“ entwickelt, auf die man sich berufen kann. Ist dem nicht so, empfiehlt Hauer auch den Arbeitgebern, sich rechtlich beraten zu lassen.

Grundsätzlich gilt: Je konkreter die „Workation“ vereinbart ist, desto besser. Das macht sich beispielsweise beim Thema Unfallversicherung bemerkbar. Zwar sei man theoretisch auch in der „Workation“ unfallversichert, in der Praxis könne es dabei aber zu Problemen kommen. „Sie müssen nachweisen, dass der Unfall auch wirklich im engen Zusammenhang mit der Arbeit passiert ist“, erklärt Rechtsberaterin Hauer. Wer die konkreten Arbeitszeiten vorab mit dem Arbeitgeber festschreibt, habe bessere Chancen, dass der Versicherungsschutz auch wirklich greift.

Auch bei der Krankenversicherung stellt sich die Frage: Bleibt der Schutz während des Auslandsaufenthalts bestehen? Hierzu sollte der Arbeitgeber, bei „Workation“ innerhalb der EU, eine entsprechende Entsendebescheinigung der Krankenversicherung beantragen, rät Hauer. Bei „Workation“ außerhalb der EU käme es auf das jeweilige Land an.

Was kann ich selbst vorbereiten?

„Wie stellen Sie sich das denn vor?“ Kommt es im Gespräch mit dem Arbeitgeber zu dieser Frage, sollten Sie eine Antwort parat haben. Wo und wann werden Sie arbeiten? Können Sie garantieren, dass der Arbeitsplatz im Ausland abschließbar ist? Haben Sie die Möglichkeit, datenschutzkonform zu telefonieren? Ist der Firmenrechner vor den Blicken Fremder gesichert? Wie lässt sich das Unfallrisiko minimieren? „Solche Punkte sollte man gut vorbereiten“, sagt Hauer.

Mit fundierten Informationen und Überlegungen lässt sich so manche Sorge des Arbeitgebers mildern. Im Verhandlungsgespräch rät Hauer außerdem dazu, „die positiven Aspekte der ‚Workation‘, zum Beispiel die Steigerung der eigenen Motivation, voranzustellen“, um die Führungsetage zu überzeugen.

Je nach Einzelfall sollten auch allgemeine Fragen schon vorab geklärt werden: Darf man überhaupt in dem gewählten Ausland arbeiten? Muss man sich bei dem jeweiligen Staat anmelden? Braucht man eine Arbeitserlaubnis? Wie sieht es mit der Aufenthaltserlaubnis aus?

Die meisten Fragen betreffen Oberthür zufolge den Arbeitgeber. „Aber auch für Arbeitnehmer ist es wichtig, zu wissen: Bin ich im Ausland kranken- und unfallversichert? Und was ist, wenn ich nicht arbeiten kann, weil beispielsweise die Internetverbindung nicht funktioniert? Bekomme ich dann Gehalt oder nicht? All diese Fälle sollte man vorher regeln“, rät die Fachanwältin.