Padel – die Sportart hinter dem Hype – Sport

Die Schlägersport-Enthusiasten sind uneins. Wie sollen sie denn nun den Sport der Stunde aussprechen? Erfunden in Mexiko, deshalb Pádel, mit Betonung auf dem á und weicher zweiter Silbe? Wegen der vielen internationalen Spielerinnen und Spieler eher englisch: Pädel? Oder deutsch, als wollten sie mit dem Boot hinausfahren: Paddel?

Am vergangenen Samstag haben die Spieler im Scheck Club in Unterföhring weder Luft noch Zeit, diese Frage abschließend zu klären. Es läuft das dritte Munich Padel Festival. Auf den sechs Freiluftplätzen hetzen sich die Gegenspieler über den kurzen, strahlendblauen Kunstrasen. Es knallt dumpf, wenn sie mit ihren Schlägern auf den Ball eindreschen.

Dieses Geräusch, charakteristisch für den Sport, geht gerade um die Welt, es ist immer häufiger zu hören, an immer mehr Orten. Padel boomt seit einigen Jahren, versichern an diesem Tag alle Gesprächspartner. Was einem in den Sozialen Medien ohnehin kaum  verborgen bleiben kann: Prominente wie Cristiano Ronaldo oder Eva Longoria sind von dem Sport begeistert. Und in diversen Großstädten beleuchten Flutlichter bis spät in den Abend brandneue Spielflächen.

Laut dem Global Padel Report von der Unternehmensberatung PwC und Playtomic, einer App zur Buchung von Plätzen, gab es 2024 weltweit mehr als 50 000 Plätze. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg um 17 Prozent. Der Report verortet Deutschland am Anfang des Padelwachstums. Andere Regionen wie die Iberische Halbinsel oder die Benelux-Staaten seien deutlich voraus. Trotzdem eröffnen in Großstädten wie München bereits regelmäßig neue Anlagen.

Trainer Leo Lordick (im Hintergrund) bei der Arbeit: Im Scheck-Club soll das bestehende Padel-Angebot weiter ausgebaut werden.
Trainer Leo Lordick (im Hintergrund) bei der Arbeit: Im Scheck-Club soll das bestehende Padel-Angebot weiter ausgebaut werden. (Foto: Johannes Simon)

Auch Oliver Scheck-Poturicek möchte vorangehen. „In Deutschland könnten noch Tausende Courts gebaut werden“, sagt der Geschäftsführer des Scheck Clubs. Dort solle das bestehende Padel-Angebot weiter ausgebaut werden. Was aktuell eine Fußballhalle mit einigen Padel-Courts ist, soll bis November eine reine Spielstätte für den trendigen Schlägersport werden – und dementsprechend gestaltet sein. „Die wird wie eine Eventhalle aussehen. Komplett dunkel gestrichen, auch die Decken. Wir werden viel mit Licht arbeiten“, beschreibt Scheck-Poturicek seine Vision. Die Halle müsse insbesondere eins werden: cool.

Wenn sich bei einem Tennisspiel ein Zuschauer zur falschen Zeit räuspert, greift der Schiedsrichter gleich zum Mikrofon und die Spieler gucken böse. Beim Padel darf es ruhig wilder zugehen. „Padel ist ein Happening“, sagt Scheck-Poturicek. Beim Festival im Scheck Club schallt Musik aus dicken Boxen. An der Bar gibt es Drinks, Bratwurstgeruch liegt in der Luft. „Beim Padel sehen die Spieler vieles lockerer“, sagt der Geschäftsführer und liefert gleich eine zweite Erklärung für den Erfolg hinterher: Padel sei anfängerfreundlich.

Die namensgebenden Schläger sind nicht bespannt, sondern aus festem Kunststoffschaum und Carbon oder Fiberglas

Der Sport ist eine Mischung aus Tennis und Squash. Zwei Doppel stehen sich gegenüber, umgeben von Gitter- und Plexiglaswänden, zwischen ihnen ein Netz. Wie im Tennis gibt es einen Punkt, wenn der Ball im Feld der Gegner zweimal aufkommt. Wie im Squash darf dazu über Bande gespielt werden. Die namensgebenden Schläger sind nicht bespannt, sondern aus festem Kunststoffschaum und Carbon oder Fiberglas. Löcher in der Schlägerfläche reduzieren das Gewicht und machen ihn handlicher. Die Bälle sehen auf den ersten Blick aus wie herkömmliche Tennisbälle, sind aber etwas weicher.

Die Schläger und Bälle in Kombination mit den kleineren Feldern machen das Spiel langsamer als Tennis – und Erfolgserlebnisse wahrscheinlicher. „Alles, was schnell funktioniert, macht Spaß“, weiß Scheck-Poturicek. Dabei müssen sich die Spieler auch bei Padel erst einmal an die neue Umgebung gewöhnen. Abzuschätzen, in welchem Winkel der Ball von den Wänden abprallt, fällt nicht jedem gleich leicht. Stumpf auf den Ball draufzuhauen, ist zudem wenig effektiv, wenn der Abpraller von der entgegengesetzten Glaswand einfach in einen Konter verwandelt werden kann.

Deshalb trainiert Leo Lordick während des Padel Festivals mit einigen Besucherinnen Volleys. Eher traditionell steht er ganz in Weiß am Rand, wirft Bälle ans Netz, verbessert die Schlägerhaltung. Ursprünglich Tennislehrer, hat sich der 31-Jährige zum Padeltrainer fortgebildet. Mittlerweile verantwortet er den Trendsport im Scheck Club. Wobei Lordick ungern von Trend spricht: „Wir gehen alle fest davon aus, dass Padel keine Eintagsfliege ist.“ Dafür gebe es den Sport schon zu lange.

1969 erfand Enrique Corcuera Padel in Mexiko. Angeblich, weil das Anwesen des Tennisfans für einen herkömmlichen Platz nicht groß genug war. Folglich errichtete er stattdessen ein Feld von 20 mal zehn Metern, mauerte es ein und stellte in die Mitte des Konstrukts ein Tennisnetz. Gut 40 Jahre später baute der Scheck Club als erster in München einen Padelplatz grob nach diesem Vorbild.

Heute gibt es sogar in Deutschland ein eigenes Ligensystem inklusive erster und zweiter Bundesliga

Heute gibt es sogar in Deutschland ein eigenes Ligensystem inklusive erster und zweiter Bundesliga. Der Bayerische Tennis-Verband hat im Juli eine eigene Liga ausgerufen. Die meisten spielten allerdings nur als Freizeitsport, so Trainer Lordick. „Sobald es zu Turnieren im Ranglistenbereich kommt, nehmen häufig die gleichen Teams teil“, sagt er. Das könne sich aber durch die vielen neuen Spieler ändern.  Jungen Nachwuchs gebe es bisher allerdings weniger. „Die meisten, die hier spielen und trainieren, sind zwischen 16 und 50 Jahre alt.“ Kinder stünden nur selten auf dem Platz.

Das Turnier auf dem Padel Festival ist darauf ausgelegt, dass die Teams ständig durchgewechselt werden. Spielerin Laura Drees genießt gerade das Miteinander: „Ich finde immer neue Spieler, die Lust auf ein Match haben“, sagt sie. Dafür nutzen die meisten Spieler die App Playtomic. Dort können sie Plätze buchen und Mitspieler finden. Fast alle Anbieter sind dort vertreten. In einer Großstadt wie München mit vielen Padelfans führt kein Weg an ihr vorbei. Wieso es so viele Spieler gibt? „Padel macht super süchtig“, sagt Drees noch schnell, dann muss sie weiter zum nächsten Spiel.