Abschiebungen nach Afghanistan: Grünen-Chef Banaszak kritisiert Abschiebeflug als „Symbolpolitik“

Der Grünen-Vorsitzende Felix Banaszak hat die Wiederaufnahme der Abschiebungen nach Afghanistan kritisiert. Es sei kein Zufall, dass das zum Migrationsgipfel einiger EU-Innenminister auf der Zugspitze passiert sei, weil es „vor allem um das Signal geht, wir machen jetzt Härte, Härte, Härte, als wäre Härte ein Selbstzweck“, sagte Banaszak im WDR-Radio. Er bezeichnete den jüngsten Abschiebeflug aus Deutschland als „Symbolpolitik“. 

Was die Sicherheit angehe, habe er Zweifel, ob sie mit den Abschiebungen von Straftätern erhöht werde. In Afghanistan kämen die Männer zurück in ein islamistisches Terrorregime, sagte Banaszak. Es bestehe die Gefahr, dass die Taliban sie weiter ausbildeten und nach Europa zurückschickten.

Auf die Frage, was die Grünen mit den Männern, die in Deutschland wegen schwerer Straftaten verurteilt wurden, gemacht hätten, sagte der Grünenchef: „Im Knast gelassen.“ Deutschland sei ein Rechtsstaat. Im Gegensatz zu Afghanistan stünden deutsche Gefängnisse stärker unter Kontrolle, was Fragen wie eine menschenwürdige Behandlung angehe oder welche Gewalt von verurteilten Straftätern nach der Haft ausgehen könnte, sagte Banaszak.

Banaszak warf zudem Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) vor, durch die Abschiebungen nach Afghanistan das Taliban-Regime zu legitimieren. „Wenn man Abschiebeflüge demnächst regelmäßig machen möchte, dann wird das nicht gehen, ohne dass in irgendeiner Form Gesprächskanäle zu den Taliban aufgebaut werden“, sagte der Grünenpolitiker. Das sei die faktische Anerkennung eines islamistischen Terrorregimes, „das sich an die Macht geputscht hat und auf dessen Konto allein 35 Bundeswehrsoldaten gehen, die in diesem Einsatz gestorben sind“.

Erste Abschiebung nach Afghanistan seit vergangenem August

Deutschland hat am Freitag nach einem knappen Jahr wieder Menschen nach Afghanistan abgeschoben. Bei den Rückgeführten handele es sich um „vollziehbar ausreisepflichtige Männer, die strafrechtlich in Erscheinung getreten sind“, hieß es in einer Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums (BMI). Deutschland setze damit eine „wichtige Vereinbarung des Koalitionsvertrags“ um. Die Bundesregierung strebe „auch künftige Rückführungen nach Afghanistan“ an, hieß es.

Infolge der Machtübernahme der islamistischen Taliban hatte es zunächst einen dreijährigen Abschiebestopp gegeben. Nach Gewalttaten in Mannheim und Solingen hatte die Ampelregierung im vergangenen Sommer angekündigt, Abschiebungen nach Afghanistan wieder möglich zu machen. Ende August war dann erstmals wieder ein Abschiebeflug mit 28 verurteilten Straftätern an Bord nach Afghanistan durchgeführt worden. Seitdem hatte es keinen weiteren Rückführungsflug nach Afghanistan gegeben.

SPD und Union vereinbarten nach der Bundestagswahl im Februar in ihrem Koalitionsvertrag, ebenfalls wieder nach Afghanistan sowie nach Syrien abzuschieben. Dies sollte zunächst Straftäter und Gefährder betreffen.

„Technische Kontakte“ nach Afghanistan für Rückführungen

Die Abschiebung hat laut dem BMI „unter Zuhilfenahme der strategischen Sicherheitspartnerschaft“ mit dem Golfemirat Katar stattgefunden. Katar hatte bereits in der Vergangenheit zwischen dem Westen und den Taliban vermittelt. Die Abschiebungen seien auch über „technische Kontakte“ mit Afghanistan zustande gekommen, sagte Dobrindt.

Auf die Frage, ob es dafür direkte Kontakte mit den Taliban gegeben habe, antwortete Dobrindt, Außenminister Johann Wadephul (CDU) und er seien sich „vollkommen einig, wenn man Abschiebungen nach Afghanistan ermöglichen will, dann muss man auch Kontakte zu den Afghanen haben“. Diese Gespräche seien jedoch „unterhalb der diplomatischen Beziehungen“.