
Wer stoppt Tadej Pogačar? Der Slowene ist Topfavorit bei der Tour de France 2025. Aber ein deutsches Talent will mithalten. Alles Wissenswerte zum Tourstart
© Marco Bertorello/AFP/Getty Images
Es ist das berühmteste Radrennen der Welt und zieht jedes Jahr Millionen Zuschauende in den Bann – die Tour de France geht am 5. Juli in ihre 112. Auflage. Insgesamt 184 Profis aus 23 Teams treten bis zum 27. Juli gegeneinander an. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur diesjährigen Frankreichrundfahrt
Wo startet die Tour de France 2025?
Der Start der 112. Tour de France ist diesmal in Frankreich selbst, und zwar in Lille. Die Universitätsstadt ist der Geburtsort des ehemaligen Staatschefs Charles de Gaulle und zum 18. Mal Etappenort bei der Tour. Insgesamt gastiert die Rundfahrt zum fünften Mal beim Tourauftakt im Norden Frankreichs.
In den vergangenen Jahren fand der Grand Départ im Ausland statt, unter anderem in Italien, im spanischen Baskenland und Dänemark. Traditionell bleibt der Fahrertross für die ersten Etappen in der Startregion, diesmal sind vier Etappen im Norden geplant. Der Tourstart ist ein Wirtschafts- und Marketingfaktor und zieht viele Touristen an.
Der Start 2025 in Lille ist perfekt gemacht für Sprinter: Es gibt wenig Hügel auf dem rund 185 Kilometer langen Stück – ein Massensprint am Ende dürfte über den ersten Träger des Gelben Trikots entscheiden.
Wie ist der weitere Tour-Verlauf?
Insgesamt gibt es in diesem Jahr in drei Wochen 21 Etappen. Die Gesamtlänge der Tour de France 2025 liegt bei 3.338,8 km, die längste Etappe folgt gleich am zweiten Tag (212 Kilometer). Nach dem Start im Norden geht es in der Bretagne weiter. Highlight dürfte hier der Start der siebten Etappe in der Hafenstadt Saint-Malo am 11. Juli sein. Danach geht es in der zweiten Tourwoche mit flachen Zwischenetappen und einer bergigen Fahrt durchs Zentralmassiv am Nationalfeiertag (14. Juli) runter in den Süden Frankreichs, Richtung Toulouse.
Es folgen die ersten Bergetappen in den Pyrenäen, eine kurze Verschnaufpause bei Carcassonne und dann der Anstieg auf den sagenumwobenen Mont Ventoux am 22. Juli. Der „Riese der Provence“ atmet viel Radsporthistorie. Danach fordern in der dritten Tourwoche die schweren Alpenetappen den Radprofis nochmal alles ab. Hier, auf den Gipfeln im Osten Frankreichs, entscheidet sich der Gesamtsieg.
Auf der letzten Etappe am 27. Juli brettern die Teams wie immer traditionell durch die Hauptstadt Paris mit der legendären Ankunft auf den Champs-Élysées.
Wer sind die Favoriten bei der Tour de France 2025?
Der Weg zum Titel führt nur über ihn: Tadej Pogačar. Der Slowene vom Team UAE Emirates-XRG ist der absolute Topfavorit in diesem Jahr. Er hat die Tour 2024 dominiert und sich den dritten Toursieg gesichert. Bei den wichtigsten Vorbereitungsrennen in diesem Jahr hat er seine erneute Topform bereits gezeigt: Der 26-Jährige gewann die Critérium du Dauphiné und mehrere Ein-Tages-Klassiker, darunter die Flandern-Rundfahrt und Lüttich–Bastogne–Lüttich.
Die Vorbereitung lief fast perfekt. Aber in einem so langen Rennen kann viel passieren.
Sein größter Konkurrent dürfte der Däne Jonas Vingegaard aus dem Team Visma-Lease a Bike werden. Er hat die Tour 2022 und 2023 gewonnen, war im vergangenen Jahr allerdings aufgrund einer Verletzung nicht in der Lage, mit Pogačar mitzuhalten. Am Ende landete der 28-Jährige auf Platz zwei. Vingegaard gab sich zuletzt selbstbewusst:
Ich bin auf dem höchsten Level, auf dem ich je war.
Er sei „stärker als je zuvor“, habe an Muskelmasse zugelegt, sagte Vingegaard. Konkurrent Pogačar adelte ihn als „weltbesten Kletterer“. Chancen haben aber auch Belgiens Olympiasieger Remco Evenepoel, im Vorjahr auf Platz drei, und Pogačars Landsmann Primož Roglič.
Nicht zu vergessen bei all dem Fokus auf die Topfahrer: die Teams dahinter sind genauso wichtig. Denn auf den schweren Bergetappen, aber auch im Flachland, sorgen sie dafür, dass ihre Teamkapitäne im Windschatten etwas geschont werden. Einige von ihnen könnten selbst um den Sieg mitfahren, opfern sich aber für den Kapitän. Oft genug ziehen sie bei wichtigen Bergetappen das Tempo an, um die Konkurrenz ans Limit zu bringen – bevor sie sich entkräftet zurückfallen lassen.
Welcher deutsche Fahrer ist Hoffnungsträger?
24 Jahre alt, in Laichingen auf der Schwäbischen Alb geboren, früher noch als Biathlet unterwegs: Florian Lipowitz gilt als deutsche Hoffnung bei der Tour de France. Er fährt für das deutsche Team Red Bull-BORA-hansgrohe. Für Lipowitz ist es das Tourdebüt, entsprechend viel Respekt dürfte er vor der Rundfahrt haben. „So viele begeisterte Leute zu sehen, ist der Wahnsinn. Das gibt noch mehr Motivation für die nächsten drei Wochen“, sagte Lipowitz bei der traditionellen Präsentation der Teams, wenige Tage vor dem Start in Lille.
Was für ihn spricht: Lipowitz ist in guter Form. Bei der Critérium du Dauphiné kam er überraschend auf den dritten Platz, bei der Vuelta 2024 wurde er Siebter. Der Ulmer erhält von seinem deutschen Rennstall Freiheiten und muss nicht nur für Kapitän Roglič arbeiten, wie
Sportdirektor Rolf Aldag jüngst dem SID sagte. Um als erster Deutscher nach Andreas Klöden 2006 wieder
aufs Podium zu fahren, soll Lipowitz wichtige Erfahrungen sammeln. Tourchef Christian Prudhomme traut Lipowitz zu, die Topstars herauszufordern.
Andere wichtige Fahrer aus Deutschland sind Nils Politt (gilt als wichtiger Helfer von Pogačar im Flachland), Maximilian Schachmann (Helfer für Remco Evenepoel), Emanuel Buchmann (der Tour-Vierte von 2019), Phil Bauhaus und Pascal Ackermann (beide Sprinter).
Auf welchen Etappen wird es besonders spannend?
Traditionell entscheidet sich die Tour auf den Bergetappen in den Pyrenäen und in den Alpen. Dann wird das Gesamtklassement oft entscheidend durcheinander gewirbelt, weil die steilen Anstiege bei Favoriten für Krafteinbrüche sorgen können. Das kostet nicht selten viele Minuten Rückstand. Für Fans ist das ein Spektakel, Tausende peitschen die Fahrer bei jeder Bergetappe vom Streckenrand den Gipfel hoch.
Die wichtigsten Bergetappen der Tour de France 2025 in der Übersicht:
- 10. Etappe (Montag, 14. Juli): Ennezat – Le Mont-Dore (165,3 km) / Acht gewertete Anstiege und 4.450 Höhenmeter warten im Zentralmassiv; ein perfekter Tag für einen Ausreißer
- 12. Etappe (Donnerstag, 17. Juli): Auch – Hautacam (180,6 km) / Die erste große Bergankunft der Rundfahrt, in den Pyrenäen; Jonas Vingegaard siegte hier 2022
- 13. Etappe (Freitag, 18. Juli):Loudenvielle – Peyragudes (10,9 km) / Das Bergzeitfahren hat es mit einer Durchschnittssteigung von knapp acht Prozent in sich
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14. Etappe (Samstag, 19. Juli):Pau – Luchons-Superbagneres (182,6 km) / Die schwerste Pyrenäen-Etappe, auf fast 5.000
Höhenmetern geht es unter anderem über den Col du Tourmalet - 16. Etappe (Dienstag, 22. Juli): Montpellier – Mont Ventoux (171,5 km) / Nicht umsonst heißt der Mont Ventoux auch „Riese der Provence“ – 2016 musste Chris Froome hier nach einem Sturz im Zuschauergetümmel kurz zu Fuß den Berg hochsprinten
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18. Etappe (Donnerstag, 24. Juli): Vif – Courchevel Col de la Loze (171,5 km) / Die Königsetappe in den Alpen ist dank der Anstiege zum Col du Glandon, auf den Col de la Madeleine und zum Col de la Loze ein erbarmungsloser
Härtetest - 19. Etappe (Freitag, 25. Juli):Albertville – La Plagne (129,9 km) / 4.550 Höhenmeter und über fünf gewertete Anstiege mitsamt der Bergankunft in La Plagne fordern die letzten Kraftreserven
Neben den Bergetappen dürfte das Zeitfahren auf der 5. Etappe (Mittwoch, 9. Juli) in Caen schon erste Hinweise auf die Verfassung der Topstars liefern.
Für die Sprinter warten zwischendurch immer wieder genug Chancen auf Tagessiege. Für die schnellsten Fahrer im Feld und ihre Teams sind flache Streckenverläufe entscheidend. Sie dürften sich unter anderem in Lille (Etappe 1), Dunkerque (3. Etappe), Laval (8. Etappe), Châteauroux (9. Etappe) und natürlich in Paris (21. Etappe) Chancen ausrechnen.
Wie war das nochmal mit den verschiedenen Trikots?
Folgende Trikots werden bei der Tour de France vergeben:
- das Gelbe Trikot: trägt der Führende in der Gesamtwertung; es wird ihm nach jeder Etappe und am Ende auf den Champs-Élysées feierlich übergestreift (2024: Tadej Pogačar)
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das Grüne Trikot: wird vom Führenden der Punktwertung getragen, dem besten Sprinter im Feld. Die Punkte werden
bei Zwischensprints und den Etappenankünften vergeben (2024: Biniam Girmay) - das Gepunktete Trikot: wird vom Führenden der Bergwertung getragen. Auf den Bergen der Tour werden je nach Schwierigkeit Punkte an die ersten Fahrer vergeben (2024: Richard Carapaz)
- das Weiße Trikot: trägt der beste Nachwuchsfahrer; das Trikot wird seit 2000 wieder an den besten Fahrer unter 25 Jahre in der Gesamtwertung vergeben (2024: Remco Evenepoel)
Welche Rolle spielt Doping bei der Tour?
Nach den großen Dopingskandalen um Lance Armstrong, den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes oder den deutschen Sportarzt Mark S. ist es zuletzt ruhiger geworden. Den letzten Dopingfall bei der Tour de France gab es 2015. Angesichts der oft unmenschlichen Leistungen und Geschwindigkeiten fährt der Verdacht aber immer noch mit.
Eine aktuelle ARD-Dokumentation vom renommierten ARD-Dopingexperten Hajo Seppelt und seinem Team (Geheimsache Doping: Im Windschatten) gibt dafür neue Anhaltspunkte. Die Journalisten zeigen auf, welche verbotenen Methoden und Substanzen im Radsport sehr wahrscheinlich immer noch zum Einsatz kommen. Ein anonymer, ehemaliger Radprofi sagt:
Zu glauben, dass bei der Tour seit 2015 nichts Illegales mehr genommen wurde, ist ein Witz. Ich habe selbst mitbekommen, dass weiter gedopt wurde.
Der renommierte Sportwissenschaftler Pierre Sallet schätzt die Leistungen der Topathleten als „nicht erklärbar“ und „komplett unmöglich“ ein. Außerdem weist das Journalistenteam nach, dass von Dopingvorwürfen schwer belastete Mitarbeiter bis heute in den Spitzenteams weiterarbeiten; darunter sind auch Personen aus dem Netzwerk des verurteilten Sportarztes Mark S.
Die Branche verweist dagegen auf die vielen Fortschritte bei Mensch und Technik durch besseres Material, neue Analysetools oder Erkenntnisse zur richtigen Ernährung.
Welche Besonderheiten gibt es in diesem Jahr?
Fast 500 Aktionen, die zu Stürzen führten, hat der Radsportweltverband UCI in der vergangenen Saison
registriert. Nicht selten waren riskante
Fahrmanöver der Grund. Deshalb gibt es seit dieser Saison eine neue Strafe: die Gelbe Karte. Bei zwei Verwarnungen in einem Rennen erfolgt eine siebentägige Sperre. Drei Gelbe Karten
innerhalb von 30 Tagen ziehen eine Sperre von 14 Tagen nach sich. „Ich
habe zuletzt selbst eine bekommen für eine kleine Rangelei. Das System
der Gelben Karten haben wir alle noch nicht ganz verstanden“, sagt Ex-Tour-Etappengewinner Nils Politt.
Schon seit vergangenem Jahr wurde die sogenannte Drei-Kilometer-Regel auf bis zu fünf
Kilometer ausgeweitet. Bei Stürzen auf Flachetappen innerhalb
dieses Bereiches werden die betroffenen Fahrer mit der gleichen Zeit der
Gruppe zum Zeitpunkt des Zwischenfalls gewertet. Das macht die
Zielankunft weniger hektisch.
Neu in diesem Jahr ist der Verlauf der letzten Etappe in Paris: Nach den spektakulären Bildern bei den
Olympischen Spielen in Paris wird das Peloton wieder über den Montmartre „klettern“. Deshalb gibt es statt der traditionellen
acht nur drei Runden auf den Champs-Élysées. Dann folgen drei Schleifen mit jeweils 16,8 km über den gepflasterten Hügel
mit der berühmten Basilika Sacré-Cœur. Bei der dritten
Überquerung des Gipfels sind es dann nur noch sechs Kilometer bis zur
endgültigen Ankunft im Ziel.
Wo läuft die Tour de France live im Fernsehen?
Die ARD zeigt das Rennen täglich ab 14.00 Uhr. Die kompletten Etappen sind auch live bei Eurosport im
Free-TV oder beim kostenpflichtigen Streamingdienst Discovery+ zu sehen.
Eine weitere Möglichkeit bietet sich bei Dazn, da der Streamingdienst
die TV-Kanäle von Eurosport überträgt.