
Es läuft allerhand aufgeregter Pop bei der Klub-WM in den USA. Am Sonntagnachmittag wären andere Töne angesagt gewesen. Chopins „Marche funèbre“ zum Beispiel, ein getragenes, tragisch klingendes, düsteres Stück, das gern bei Beerdigungen gespielt wird. Zu Grabe getragen wurden am Sonntag die überschaubaren Ambitionen von Inter Miami. Der Klub, der durch die Strahlkraft von Lionel Messi eine globale Bekanntheit erlangt hat und – wegen Messi – von Fußball-Weltverbandspräsident Gianni Infantino zur WM eingeladen wurde, erlitt gegen Paris Saint-Germain eine desaströse 0:4-Niederlage. PSG trifft im Viertelfinale auf den Sieger der Begegnung zwischen dem FC Bayern und Flamengo aus Rio de Janeiro.
Kaum, dass die Partie angepfiffen wurde, rief PSG schon „Rien ne va plus“. Die Überlegenheit war so manifest, dass Messi betreten zu Boden blickte wie einst beim 2:8 des FC Barcelona gegen den FC Bayern. João Neves traf zweimal (6./39.), Tomás Aviles traf ins eigene Netz (44.), in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit erzielte Achraf Hakimi das 4:0. Danach muss es eine Art Gnadengesuch von Inter Miami gegeben haben.
Die Kommunikationswege dafür waren denkbar kurz. Inter hatte fünf Angestellte dabei, die 2015 beim Champions-League-Finale von Berlin unter dem heutigen PSG-Coach Luis Enrique den Titel holten: neben Messi auch Sergio Busquets, Jordi Alba, Luis Suárez und Inter-Trainer Javier Mascherano.
PSG fuhr jedenfalls in der zweiten Halbzeit erkennbar die Umdrehungen runter – und Messi hatte die Gelegenheit, ein paar Mal zu glänzen. Unter anderem durch einen Lupfer auf den sichtlich gealterten Luis Suárez, der aus kurzer Distanz kläglich vergab. „PSG hatte im Champions-League-Finale (gegen Inter Mailand) keinen Gegner. Es ist eine großartige Mannschaft mit einem großartigen Trainer“, sagte Mascherano: „PSG war in der ersten Halbzeit eine Lawine.“
Messi will die WM 2026 spielen – und nicht noch mal umziehen
Trotz der ernüchternden Niederlage haben die Verantwortlichen in der Vereinszentrale von Inter Miami in dem Städtchen Coral Gables Humidor und Zigarrenschneider in Griffweite. Man geht dort davon aus, dass bald wieder eine Havanna angezündet werden kann – so wie es der heutige Co-Vorsitzende Xavi Asensi tat, als Messi am 7. Juni 2023 zusagte, bei Inter Miami anzuheuern.
Die Verhandlungen über einen neuen Kontrakt sind dem Vernehmen nach sehr weit gediehen. Auch aus dem Messi-Lager sind Töne zu hören, die darauf schließen lassen, dass schon eine größere Katastrophe passieren müsste, um eine Vertragsverlängerung noch zu verhindern.
Für Messi sollen den Quellen zufolge zwei Gründe ausschlaggebend gewesen sein. Das Verhältnis Messis zum Klubeigner David Beckham gilt zwar als verbesserungswürdig. Auf seine alten Tage will Messi aber mit Sack und Pack und drei Kindern nicht noch ein weiteres Mal umziehen. Und er will doch die WM spielen, die in Nordamerika stattfindet. Titelverteidiger Argentinien hat in Florida eine eigene Fußballschule errichtet.
Für Inter Miami wäre eine Vertragsverlängerung ein Segen: Im kommenden Jahr will der Klub das derzeit im Bau befindliche neue Stadion eröffnen. Zudem ist Inter durch Messi globale Aufmerksamkeit gewiss. Sie überragt das Interesse, das andere Franchises der US-Profiliga MLS wecken, bei Weitem. Das grell pinkfarbene Trikot von Inter Miami erzielt bessere Verkaufszahlen als das Hemd des italienischen Traditionsteams Juventus Turin. Die „Alte Dame“ zählt, anders als Inter Miami und neben dem FC Bayern München, Manchester United, FC Liverpool sowie Real Madrid, zu den Top-5-Partnern des Sportartikel-Schneiders Adidas aus Herzogenaurach.