Subsidiär Schutzberechtigte: Bundestag setzt Familiennachzug für bestimmte Geflüchtete aus

Der Bundestag hat mit deutlicher Mehrheit den Familiennachzug von Menschen mit subsidiärem Schutzstatus ausgesetzt. Die umstrittene Regelung gilt zunächst für zwei Jahre. Für den Gesetzentwurf stimmten 444 Abgeordnete, dagegen 135, wie Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow (Linke) bekanntgab. Enthaltungen gab es keine. Die Koalition aus Union und SPD, die den Entwurf eingebracht hatte, verfügt nur über 328 Sitze im Bundestag.

Zum Auftakt der
Bundestagsdebatte verteidigte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) die
Aussetzung des Familiennachzuges für subsidiär Schutzberechtigte. Deutschland
bleibe ein weltoffenes Land. „Aber die Belastbarkeit unserer Sozialsysteme
– sie hat eine Grenze“, sagte Dobrindt. Er sprach von der Beseitigung
eines „Pull-Effektes“ durch den Familiennachzug. Mit der Aussetzung
würde „ein Geschäftsmodell der kriminellen Banden“ zerschlagen. Es
gehe um Ordnung, nicht um Abschottung.

Künftig sollen nach dem Gesetz subsidiär Schutzberechtigte nur noch in Härtefällen
Ehepartnerinnen und -partner, minderjährige Kinder und im Fall
unbegleiteter Minderjähriger die Eltern nachholen dürfen. Der subsidiäre Schutzstatus wird vergeben, wenn keine individuelle
Verfolgung vorliegt, geflohene Menschen allerdings wegen eines Kriegs,
drohender Folter oder unmenschlicher Behandlung nicht in ihr Heimatland
zurückkehren können. Oftmals erhalten somit Geflüchtete aus
Bürgerkriegen einen solchen Schutzstatus, in Deutschland gilt er für viele geflüchtete Syrerinnen
und Syrer. 

Der Gesetzentwurf sieht auch vor, in das Aufenthaltsgesetz neben der Steuerung wieder das Ziel der Begrenzung der Zuwanderung aufzunehmen.

Mehrfach gab es
Zwischenrufe aus dem Plenum, Bundestagspräsidentin Julia Klöckner rief zur
Ordnung auf. Die Opposition kritisierte den Gesetzentwurf vor der Abstimmung.

Hitzige Debatte im Plenum

AfD-Politiker Bernd Baumann warf Dobrindt vor, Punkte der AfD übernommen zu haben. Der Partei reicht der Gesetzentwurf nicht weit genug, wie sein Parteikollege Christian Wirth während der Debatte sagte.

Marcel Emmerich von den Grünen kritisierte den Gesetzentwurf als „verantwortungslos“. Wer Integration wolle, müsse „Familien zusammenführen“, sagte Emmerich. „Ohne Familie fehlt oft der emotionale Rückhalt. Stattdessen können Isolation, psychischer Druck oder Entfremdung entstehen.“ Er bemängelte zudem, dass die Integrationspolitik das „Klima im Land gegenüber Geflüchteten“ verschärfe. 

Die Linkenpolitikerin Clara Bünger sprach vom Familiennachzug als „eine der letzten legalen Möglichkeiten, überhaupt noch Schutz in Deutschland zu finden“. Sie kritisierte auch die Härtefallregelung, die „in der Praxis kaum jemandem helfen“ würde.

Rednerinnen und Redner der SPD sagten im Bundestag, dass ihnen die Zustimmung zu dem Gesetz schwerfalle, dass sie ihm aber aus Koalitionsdisziplin zustimmen wollten. Die Aussetzung des Familiennachzugs sei „ein Thema, das sich die SPD so nicht ausgedacht hätte“, sagte der SPD-Abgeordnete Sebastian Fiedler. „Das darf man so sagen, ohne dass die Koalition zerbricht.“ Auch Integrations-Staatsministerin Natalie Pawlik (SPD) sagte, die Zustimmung falle vielen in ihrer Fraktion schwer.

Subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis, die verlängert werden kann. Die Möglichkeit auf Familiennachzug war bereits ab März 2016 für gut zwei Jahre ausgesetzt
worden, 2018 wurde sie dann mit einem Kontingent von 1.000 Nachzügen enger Familienangehöriger von Geflüchteten dieser Gruppe wieder eingeführt.