
Vor einer Abstimmung im Bundestag über die Aussetzung des Familiennachzugs am heutigen Freitag haben die Kommunen erneut vor ihrer Überlastung gewarnt.
Die Kommunen seien weiterhin an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit „und
teils darüber hinaus“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen
Städte- und Gemeindebunds, André Berghegger (CDU), der Neuen Osnabrücker
Zeitung. Der vorübergehende Stopp des Nachzugs für Menschen mit
eingeschränktem Schutzstatus sei daher „die richtige Entscheidung“.
Zwar wäre die Integration in den Gemeinden im
Zweifel einfacher, wenn Flüchtlinge ihre Familie nachholen dürften. Aber
das bringe zusätzliche Herausforderungen: „Es braucht zusätzlichen
Wohnraum, der ohnehin schon sehr knapp ist, die Betroffenen könnten
nicht in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden“, sagte er.
Aktuell gibt es für subsidiär Schutzberechtigte ein Kontingent, das pro Jahr 12.000 nahen
Angehörigen von in Deutschland lebenden Flüchtlingen die Einreise
ermöglicht. Die Bundesregierung will es für zwei Jahre stoppen, um den
Zuzug nach Deutschland zu reduzieren. Künftig sollen
subsidiär Schutzberechtigte nur noch in Härtefällen Ehepartner, minderjährige Kinder oder, im
Fall unbegleiteter Minderjähriger, die Eltern nachholen dürfen.
Betroffen wären vor allem Syrer, die oftmals den subsidiären
Schutzstatus erhalten haben. Er wird vergeben, wenn keine individuelle
Verfolgung vorliegt, eine Rückkehr ins Heimatland wegen eines Kriegs,
drohender Folter oder unmenschlicher Behandlung aber dennoch nicht
möglich ist. Grüne und Linke sowie Sozialverbände und
Menschenrechtsorganisationen fordern die Beibehaltung des Familiennachzugs und lehnen die Aussetzung ab.
Städtetag fordert mehr finanzielle Unterstützung vom Bund
Die kommunalen Spitzenverbände fordern unterdessen weitere Verschärfungen. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen
Städtetags, Helmut Dedy, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND):
„Wir brauchen vor allem mehr Migrations– und Rücknahmeabkommen mit den
Herkunftsländern.“ Die Zahl neuer Asylbewerber gehe zwar wieder zurück.
„Aber die Städte müssen sich ja auch um die Menschen kümmern, die
bereits bei uns sind“, sagte er. Die Ausländerbehörden stießen an ihre
Kapazitätsgrenze. Er forderte vom Bund mehr finanzielle Unterstützung
für Integrationsaufgaben.
Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Achim Brötel (CDU), begrüßte die geplante Aussetzung des Familiennachzugs.
„Denn
es geht nicht nur um den Schutz der EU-Außengrenzen – es geht ebenso um
die Belastungsgrenzen unseres eigenen Landes“, sagte er dem RND.
Die Evangelische Kirche (EKD) bekräftigte ihre Kritik an der Aussetzung des Familiennachzugs. „Es ist ein Gebot der Nächstenliebe, dass alle Menschen, gerade
auch Geflüchtete und subsidiär Schutzberechtigte, nicht über Jahre
hinweg von ihren engsten Angehörigen getrennt bleiben“, sagte der
Flüchtlingsbeauftragte der Kirche, der Berliner Bischof Christian
Stäblein, dem Tagesspiegel. Zudem gelte: „Wer mit seinen Nächsten in
Sicherheit leben darf, findet schneller Halt, lernt leichter unsere
Sprache, kann sich besser integrieren und wird eher Teil unserer
Gesellschaft.“