
Seit dem spektakulären Zusammenbruch des Zahlungsdienstleisters Wirecard vor fünf Jahren stellt sich immer wieder eine Frage: Wohin sind eigentlich die teils zwielichtigen Kunden des Aschheimer Unternehmens abgewandert? Mussten sie ihre Geschäfte danach ganz im Dunkeln abwickeln, womöglich, um weiterhin Geld zu waschen? Oder übernahmen konkurrierende Zahlungsdienstleister ihre Transaktionen, möglicherweise ohne es zu bemerken – schlicht aufgrund mangelnder Kontrollmechanismen?
Im Fokus steht dabei immer wieder ausgerechnet Payone, ein Zahlungsanbieter, der zu 40 Prozent den Sparkassen und zu 60 Prozent dem französischen Finanzdienstleister Worldline gehört. Bereits seit Längerem ist bekannt, dass es bei der Sparkassen-Tochter Probleme mit fragwürdigen Geschäftskunden gab. Die Finanzaufsicht Bafin stellte im vergangenen Jahr bei einer Prüfung gravierende Mängel in der Geldwäscheprävention und den IT-Prozessen des Unternehmens fest. Rund um den Jahreswechsel musste Payone auf Anordnung der Aufsicht höhere Eigenmittel vorhalten. Zudem soll ein Bafin-Sonderbeauftragter die Beseitigung der Defizite überwachen.
Payone ist kein Einzelfall: Auch andere Zahlungsdienstleister und Fintechs wie N26, Unzer oder Solaris wurden zuletzt mit Sonderbeauftragten der Bafin konfrontiert. In allen Fällen blieben diese länger als erwartet – und förderten immer neue Schwachstellen zutage.
Die grundsätzlichen Probleme bei Payone waren also bekannt. Ein Bericht des Spiegel zusammen mit dem europäischen Recherchenetzwerks EIC mit weiteren Details schickte dann am Mittwoch die Aktien des französischen Mutterkonzerns Worldline um mehr als 20 Prozent auf Talfahrt, zeitweise wurde der Börsenhandel sogar ausgesetzt. Auch Worldline-Anleihen gerieten unter Druck. Der Börsenwert des Konzerns lag am Vortag der Veröffentlichung noch bei rund 1,3 Milliarden Euro. Hinweise auf Shortseller, die im großen Stil auf den Absturz der Aktie gewettet haben könnten, gab es zunächst nicht.
Worldline teilte mit, Vorstand und Verwaltungsrat fühlten sich „voll und ganz der strikten Einhaltung von Vorschriften und Standards zur Risikoprävention verpflichtet“ und würden diese „mit Null-Toleranz“ durchsetzen. Seit 2023 habe man die Kontrollen verschärft und das Portfolio sogenannter Risikokunden umfassend geprüft – deren Anteil liege aktuell bei rund 1,5 Prozent des abgewickelten Zahlungsvolumens. Zudem seien alle Geschäftsbeziehungen beendet worden, die nicht mit dem neuen, strengeren Risikorahmen vereinbar gewesen seien.
Der Spiegel beruft sich auf interne Dokumente, die nahelegen würden, dass Payone zeitweise Zahlungen in dreistelliger Millionenhöhe pro Jahr für dubiose Anbieter abgewickelt habe, etwa Betreiber von Dating- oder Pornoseiten, die mit fragwürdigen Methoden Nutzer abzockten. Einige dieser Anbieter sollen tatsächlich von Wirecard zu Payone gewechselt sein. Payone teilte dazu mit, man habe nach der Bafin-Anordnung unverzüglich Maßnahmen ergriffen, um Geschäftsbeziehungen mit problematischen Partnern und Händlern zu beenden.