Restaurierung der Macarena in Sevilla sorgt für Empörung


Den Gläubigen kamen die Tränen, als sie ihre trauernde Macarena wiedersahen. In Sevilla herrscht Aufruhr vor dem wichtigsten Gnadenbild, das in der Stadt die Hauptrolle bei der jährlichen Prozession während der „Semana Santa“ spielt. Nach einer missglückten Restaurierung der verehrten Statue der „Virgen de la Esperanza Macarena“ aus dem 17. Jahrhundert kam es in der andalusischen Hauptstadt zu Protesten.

Inzwischen wurden die Korrekturen zwar wieder korrigiert – insgesamt dreimal innerhalb weniger Tage. Doch die Unruhe dauert an, denn es handelt sich nicht nur um die beliebteste Heiligenfigur Sevillas, die weit über die Stadtgrenzen hinaus verehrt wird. Sie ist für viele Sevillaner ein Symbol ihrer Identität; bei ihr suchten schon Generationen Trost. Fotos der in einen schwarzen Samtumhang gehüllten trauernden Maria sind in Bars und Läden überall in Andalusien zu finden.

Das Antlitz der Jungfrau hat sich gleich mehrfach verändert

Ihre Verehrer reagieren deshalb empfindlich auf die kleinste Veränderung. Nun hat sich in nur einer Woche das Antlitz der Jungfrau gleich mehrfach verändert. Ein Restaurator hatte zunächst vorsichtig versucht, ihr Gesicht von der Patina zu säubern und ihre Wimpern anzupassen. Das ging vielen zu weit: In den sozialen Medien brach ein Sturm der Empörung los. „Sie haben uns das genommen, was wir am meisten lieben. Jetzt müssen wir mehr denn je diese Liebe zeigen und fordern, dass Verantwortung übernommen wird“, lauteten einige der Botschaften.

Die Macarena-Bruderschaft, die zu den renommiertesten der „Semana Santa“ in Sevilla zählt, sah sich gezwungen, sofort zu reagieren. Ihre Leitung ließ alles rückgängig machen. Die heftig kritisierten extralangen Wimpern wurden entfernt, ihr schmerzerfüllter Blick ist wiederhergestellt. Die Bruderschaft gab nach einer Krisensitzung um drei Uhr morgens zudem eine Erklärung ab, um sich bei den mehr als 18.000 Mitgliedern zu entschuldigen. Der Schock über das neue Erscheinungsbild der Macarena war umso größer, da die Bruderschaft selbst keine Restaurierung angekündigt hatte, sondern nur von „Wartungs- und Erhaltungsarbeiten“ gesprochen hatte.

„Diese chinesischen Augen“

All das reichte nicht, um die Lage zu beruhigen: Für viele ist die Macarena nach dem Eingriff nicht mehr dieselbe, sie halten den Schaden für irreparabel. „Die Restaurierung hat ihr das Leben genommen“, kritisieren Gläubige gegenüber spanischen Fernsehsendern. Klar könne man das Gesicht reinigen, „aber es ist etwas anderes, ihr diese Wimpern, diese chinesischen Augen zu geben“, schimpft eine Frau. Forderungen nach einem Rücktritt der Führung der Bruderschaft mehren sich, begleitet von Vorwürfen an die konservative Regionalregierung, sie habe nicht gut genug auf die Figur aufgepasst.

Seit Montag bildeten sich lange Schlangen vor der Kirche. Die Bruderschaft hat die Jungfrau zur Verehrung ausgestellt, damit sich alle aus der Nähe ein Bild machen können. Die neobarocke Kirche, die den Rang einer Basilika hat, wurde in dem gleichnamigen volkstümlichen „Barrio de La Macarena“ eigenes für die Macarena errichtet. Die Statue selbst ist keine Volkskunst. Sie wird „La Roldana“ zugeschrieben. Luisa Roldán war die erste Hofbildhauerin Spaniens und ist die Tochter des Barockbildhauers Pedro Roldán. Beide sind für ihre lebensechten farbigen Skulpturen berühmt. In der Nacht zum Karfreitag tragen sie Mitglieder der nach ihr benannten Bruderschaft, die zum Teil mit römischen Ritterrüstungen bekleidet sind, stundenlang durch die Straßen der dunklen Stadt.