„Die Familie“ von Sara Mesa: Ein Kosmos aus Sprachlosigkeit

Einmal angenommen,
es ist wirklich so, wie Tolstoi schreibt, dass sich alle glücklichen Familien
einander ähneln, aber jede unglückliche Familie auf ihre besondere Art
unglücklich sei – was ist dann mit den Familien, die zwischen Glück und Unglück
zu Hause sind? Wahrscheinlich sind es die meisten. Und wahrscheinlich ist es
nicht schwer, über unglückliche Familien und recht langweilig über glückliche
zu schreiben. Aber dieser Zwischenraum? Wie soll man ihn überhaupt bezeichnen?
Vielleicht einfach nur Die Familie.

So hat es die
spanische Autorin Sara Mesa gemacht. In diesem Zwischenraum siedelt sie die
Figuren ihres neuen Romans an: Vater Damián, Mutter Laura, die Töchter Rosa und
Martina, die Söhne Aquilino und Damián. Aus lauter Bewunderung ging Laura dem
Mann, der sich so adrett kleidete, der eloquent und prinzipientreu war und Jura
studierte, der Gandhi verehrte und sogar ein Bild von ihm in der Geldbörse
hatte, ins Netz, um sich darin weiter von seinen Vorstellungen einspinnen zu
lassen. „Am wichtigsten und letztlich entscheidend ist es, der Welt menschliche
Wesen zu schenken“, belehrt er seine Laurita, der die Vorstellung, viele Kinder
auf die Welt zu bringen, doch einige Sorgen bereitet. Die kann ihr Damián
nehmen: „So schwierig ist das gar nicht. Du wirst schon sehen. Wir entwerfen
einen Plan, auf dem man genau sehen kann, wer wir sind, wo wir gerade stehen
und wo wir hinwollen. Einen Familienplan. Und wenn wir einmal nicht wissen
sollten, wo wir sind, dann reicht ein Blick auf unseren Plan, und wir sind wieder
auf Kurs. So werden wir uns niemals verlaufen.“