
Nach seinem Triumph beim Tennisturnier in Halle wird Alexander Bublik auch in Wimbledon hoch gehandelt. Dabei schwingt bei ihm immer die Frage mit, wie viel mehr möglich wäre.
Der Tennissport hat immer wieder diese ganz besonderen Spieler. Nick Kyrgios war einer, der Australier hatte alles, was es braucht, um der Beste der Welt zu werden – aber er war eben nicht bereit dazu, alles dafür zu geben. Selbst die Talentiertesten kommen nicht um viele, lange und harte Trainingseinheiten herum, sofern sie es nach ganz oben schaffen wollen. Mit ihrem Können geht vieles, aber nicht alles. Wie bei Kyrgios. Und wie bei Alexander Bublik.
Bublik: Sinner-Bezwinger, Halle-Gewinner, Wimbledon-Überraschung?
Der Kasache ist ein ähnlicher Spieler wie Kyrgios: Großartiger Aufschlag, unberechenbare Spielweise, spektakulär, aufreizend, unangepasst, einfach anders, ein Hingucker für jeden Tennis-Fan. Bublik ist wie Kyrgios allerdings auch wichtig, dass sein Leben nicht Tennis ist, sondern Tennis nur ein Teil seines Lebens. Während andere praktisch ihre gesamte Zeit aufwenden, um es möglichst weit zu bringen, verbringt er lieber auch Zeit mit der Familie. Er arbeitet hart, aber eben nicht so oft wie andere.
Und doch haben Bublik und Kyrgios auch gemeinsam, dass sie trotzdem erfolgreich sind. Bublik hat zum zweiten Mal nach 2023 das Rasenturnier in Halle gewonnen und auf dem Weg zum Sieg unter anderem Jannik Sinner bezwungen. Das macht ihn schon zu einem Spieler, auf den man auch in Wimbledon (30. Juni bis 13. Juli) ganz genau achten wird – zumal Bublik schon bei den French Open für Furore gesorgt hatte, als er es bis ins Viertelfinale schaffte.
„Würde ich meine Gesundheit riskieren? Nein!“
Beim Grand-Slam-Turnier in Paris ließ der 28-Jährige während einer Pressekonferenz ganz tief blicken. Dort wurde er gefragt, ob er Erfolge wie dort nicht zum Anlass nehme, um mehr zu investieren, damit er möglicherweise mehr solcher Momente erlebe. „Würde ich meinen Lebensstil und meine Gesundheit in die Waagschale legen, um ein ‚möglicherweise‘ oder ‚vielleicht‘ zu bekommen? Nein!„, sagte Bublik. „Ich gehe meinen Weg. Ich trainiere, keine Sorge, ich mache gleichzeitig das Minimum und das Maximum, um in der Position, in der ich bin, zu sein.“
Alexander Bublik in Aktion
Aktuell ist Bublik die Nummer 30 der Welt, seine beste Platzierung war bislang der 17. Rang. Dass deutlich mehr möglich ist, ist auch ihm bewusst, aber es muss eben zu seinen Bedingungen sein. „Ich priorisiere das Tennis und mein Leben gleichermaßen, es ist eine 50:50-Beziehung. Es geht für mich darum, das Notwendige zu machen, um mit den Besten mithalten zu können – dass ich das kann, habe ich oft bewiesen“, so Bublik. „Aber ich riskiere nicht meine Gesundheit.“
Die Waage zwischen Familienvater und Tennisspieler
Dass sich andere Tennisprofis diese Worklife-Balance nicht gönnen, bewertet der Halle-Gewinner nicht. „Für mich ist das wichtig. Es geht nicht ohne harte Arbeit, ich arbeite auch hart – aber auf meine Weise. Ich mache, wozu mein Körper in der Lage ist, aber ich pushe mich nicht noch weiter, um eine Chance zu haben, ein gewisses Match zu gewinnen“, erklärte Bublik. „Ich priorisiere auch meine Gesundheit und meinen Lebensstil, ich habe eine Familie, bin Vater – und muss auch meine väterlichen Pflichten erfüllen.“
Der Unterschied liege im „Skillset“, manche würden für seinen Aufschlag „hunderte Stunden Training benötigen, manche eben nur 20“. „Es geht darum, was man machen muss, um ein Top50-Spieler zu sein, das ist eine gute Marke. Man muss seine eigene Balance finden, wer seinen Körper gefährden will, um einen Grand Slam zu gewinnen, soll es machen. Man muss täglich Entscheidungen treffen und das führt zu etwas. Es geht immer um die Frage, ob eine Phantom-Chance das wert ist. Dann darf man es aber auch nicht bereuen“, sagte Bublik.
Bublik: Halle-Titel „eine Renaissance meiner Karriere“
Bevor er in den vergangenen Monaten wieder durchstartete, hatte er eine sehr schwierige Zeit hinter sich. Die ist nun aber vorbei, Bublik beweist allen und sich selbst, dass er auf seinem Weg erfolgreich sein kann. „Dass ich nun wieder in Halle gewinne, war jenseits meiner Vorstellungen. Das ist eine Renaissance meiner Karriere“, sagte er nach dem Finalsieg gegen Daniil Medwedew.
Und machte erneut klar, was Tennis für ihn ist: „Das ist kein Job, das ist ein Sport, Unterhaltung. Es ist hart, anspruchsvoll, vielleicht der härteste Sport, manchmal ist er grausam und zerstörerisch. Aber am Ende ist es ein Spiel. Und es ist wichtig, sich daran immer zu erinnern.“ Bublik ist eben ein etwas anderes Tennisgenie. Dass er eins ist, dürfte aber immer weniger bestritten werden.