
Cannabis in Deutschland: Boom, Bürokratie und neue Chancen. Seit der Legalisierung von Cannabis im Frühjahr 2024 hat sich in Deutschland viel verändert. Doch wie sieht der Alltag gut ein Jahr nach der Wende wirklich aus?
Seit 2024 ist Cannabis in Deutschland legal – und das Land hat sich verändert. Erwachsene dürfen es inzwischen selbst anbauen, besitzen und sich in sogenannten Social Clubs organisieren. Ziel der Reform: Den Schwarzmarkt austrocknen, den Gesundheitsschutz verbessern und Kinder und Jugendliche besser schützen.
Nicht alle sehen die Entwicklung positiv. Jörn Patzak, Jurist und Experte für Betäubungsmittel, warnt: „Die Suchtgefahren und auch die Gefahren von Psychosen werden mit diesem politischen Signal heruntergespielt.“ Sein Fazit: „Der Staat gibt es frei, also ist es harmlos. Das ist meine Erfahrung aus vielen Jahren im Gerichtssaal – Jugendliche denken: Wenn es nicht verboten ist, ist es nicht gefährlich. Dieses Signal sollten wir nicht unterschätzen.“
Patzak fordert, die Risiken vor allem für junge Menschen nicht zu bagatellisieren. Gleichzeitig rät er zur Gelassenheit: Die Welt sei nicht untergegangen, seit das Gesetz in Kraft ist. Wichtig sei, die Entwicklung im Blick zu behalten und gegebenenfalls nachzusteuern.
Branche im Aufschwung: Cansativa als Vorreiter
Von der Legalisierung profitieren auch die Brüder Benedikt und Jakob Sons. 2017 gründeten sie Cansativa – heute eines der führenden Unternehmen im Bereich medizinisches Cannabis. ntv war vor Ort im Lager bei Frankfurt: Hier lagert Cannabis im Wert von fast 11 Millionen Euro.
„Wir machen dieses Jahr wahrscheinlich über 20 Millionen Euro Gewinn. Letztes Jahr waren es 3,5 Millionen nach Abzügen“, sagt Benedikt Sons, einer der Gründer von Cansativa.
Die jüngsten Gesetzesänderungen haben das Geschäft massiv beflügelt. Der Umsatz hat sich vervierfacht. Die Politik ist für die Branche entscheidend.
Benedikt Sons sieht die Legalisierung als Erfolg, betont aber: „Cannabis hat nichts in Kinderhänden zu suchen.“ Medizinalcannabis sei ein wichtiger Bestandteil der Schmerztherapie.
Auf den Missbrauch von Medizinalcannabis angesprochen, etwa durch Online-Verschreibungen, sagt Sons: „Arzneimittelmissbrauch ist so alt wie Arzneimittel selbst. Das hat nichts mit Cannabis zu tun. Der Nutzen von Telemedizin überwiegt die Risiken. Wir müssen als Branche lernen, uns weiterzuentwickeln.“
Familienunternehmen mit Weitblick
Wie kommt man eigentlich auf die Idee, ein Cannabis-Unternehmen zu gründen? „Mein Bruder Jakob hat das Thema 2016/2017 angebracht. Dann kam die Liberalisierung von Cannabis in der Medizin – und wir haben gesagt: Da entsteht ein ganz neuer Markt“, sagt Benedikt Sons.
Die Brüder betonen, dass sie vor allem Unternehmer und keine leidenschaftlichen Konsumenten sind. Sie wollen eine Industrie mit aufbauen – und sehen Cannabis als spannendes, aber auch herausforderndes Produkt.
Ein Jahr nach der Legalisierung bleibt die Debatte spannend. Die Politik hat die Weichen gestellt, die Branche boomt, aber die Kritik bleibt laut. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob Deutschland mit seinem Modell den Schwarzmarkt wirklich eindämmen und den Jugendschutz stärken kann.
Eines ist sicher: Cannabis ist in Deutschland angekommen – und wird Gesellschaft, Politik und Wirtschaft noch lange beschäftigen.
Mit Benedikt Sons sprach Janna Linke. Das Gespräch wurde zur besseren Verständlichkeit gekürzt und geglättet. Vollständig können Sie es im ntv-Podcast „Startup – jetzt ganz ehrlich“ anhören.
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