
Katy Perry wollte im All singen, das hatte sie auf Instagram angekündigt. „Ich glaube, ich werde singen, ich werde ein bisschen singen, ich muss im Weltraum singen“, sagte sie in einem Video. Am Ende hörten die Zuschauer, die den Flug über einen Livestream verfolgen konnten, nur Jubelschreie, lang gezogene „Wow“-Rufe und eine der Frauen sagen: „Schaut mal, da ist der Mond.“
Weniger als zehn Minuten dauerte der Ausflug ins Weltall. Um 8.30 Uhr Ortszeit (15.30 Uhr MESZ) am Montag war die New-Shepard-Rakete des US-Unternehmens Blue Origin von Van Horn in der texanischen Wüste gestartet – an Bord eine rein weibliche Crew. Unter ihnen waren die Pop-Sängerin Katy Perry und Jeff Bezos’ Verlobte, die TV-Moderatorin und Kinderbuchautorin Lauren Sánchez, die auch am Design der Raumanzüge der Frauen mitwirkte. Die CBS-Moderatorin Gayle King, die NASA-Raketenforscherin Aisha Bowe, die Wissenschaftlerin Amanda Nguyen sowie die Filmproduzentin Kerianne Flynn waren ebenfalls an Bord.
Walentina Tereschkowa war die erste Frau im All
Mit der Überschreitung der sogenannten Kármán-Linie in einer Höhe von 100 Kilometern haben die Frauen technisch gesehen die Grenze zum Weltraum überschritten und dort wenige Minuten der Schwerelosigkeit erleben können. Die Linie gilt als Grenze zur Unterscheidung zwischen Luft- und Raumfahrt. Doch das war nicht der erste rein weiblich besetzte Flug ins All: 1963, zwei Jahre nach Juri Gagarin, flog die Kosmonautin Walentina Tereschkowa allein ins All. Die Frau mit dem Funkrufnamen „Möwe“ schrieb Geschichte, denn sie war nicht nur die erste und bis heute auch einzige Frau, die auf Solo-Mission ins All ging, sondern auch die erste Frau im Weltraum.

Die Aufmerksamkeit für den Flug der sechs Frauen ins All war groß. Auch einige Prominente waren nach Texas gekommen, um den Start der Rakete aus der Nähe zu beobachten. Darunter waren auch Oprah Winfrey, Kris Jenner und ihre Tochter Khloé Kardashian, die den Tag als „großen Tag in der Geschichte“ bezeichnete. Doch an dem Vorhaben gab es im Vorhinein auch schon viel Kritik. Denn das Unternehmen Blue Origin, das den rein weiblich besetzten Flug ins All durchgeführt hat, gehört dem Amazon-Gründer und Milliardär Jeff Bezos. Das Raumfahrtunternehmen hat 2021 damit begonnen, Kurztrips für prominente und wohlhabende Weltraumtouristen anzubieten. Laut dem Unternehmen wurden schon zehn Flüge mit insgesamt 52 Passagieren erfolgreich absolviert. Beim ersten Flug 2021 war Gründer Bezos selbst an Bord.
„Wie soll ein kleines Mädchen nach diesen Sternen greifen?“
Für Kritiker wirkt es, als sei der Flug am Montag unter dem Deckmantel des Feminismus nur PR für das Unternehmen von Bezos, der sich in einem Konkurrenzkampf mit Elon Musk in der kommerziellen Raumfahrt befindet. Es ist eben keine Forschungsreise, sondern ein rein touristischer Ausflug. Auch gibt es Unklarheit darüber, wer den Flug bezahlt hat. Bisher machte das Unternehmen keine Angaben dazu. Unter einem Facebook-Post von Katy Perry, in dem sie schrieb, sie wolle ihrer Tochter ein Vorbild sein und ihr mit dem Flug ins All zeigen, dass man als Frau Platz einnehmen könne, häufte sich die Kritik. „Wie soll ein kleines Mädchen nach diesen Sternen greifen?“, kommentierte eine Userin. „Durchs Netzwerken mit oligarchischen Milliardären? Was genau sollen sie studieren? Wie man sich mit den Ehefrauen von Milliardären anfreundet?“
Damit spielte sie darauf an, dass die Frauen an Bord Freundinnen der Milliardärs-Partnerin Sánchez sind. Besonders Perry stand für ihre Freundschaft zu Sánchez immer wieder in der Kritik. Diese wurde lauter, nachdem Bezos durch die Nähe zum amerikanischen Präsidenten Donald Trump auffiel. Dass wohlhabende und einflussreiche Unternehmer den Weltraum touristisch erobern, sehen viele als Problem. Erst kürzlich wurde zudem bekannt, dass Trump derweil plant, erhebliche Einsparungen beim Budget der US-Weltraumorganisation NASA für das kommende Jahr vorzunehmen.
Insbesondere angesichts der aktuellen Weltlage halten viele den Flug der Frauen für unsensibel – so auch die Schauspielerin Olivia Munn. Es gebe so viel wichtigere Dinge, die gerade auf der Welt passieren, kritisierte sie in einer Talkshow des amerikanischen Senders NBC. Eine solche Weltraumfahrt koste viel Geld, in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten verstehe sie eine solche Aktion deshalb nicht. „Es gibt so viele Menschen, die sich noch nicht mal Eier leisten können“, sagte sie. „Die Erforschung des Weltraums sollte unser Wissen erweitern und der Menschheit helfen. Was werden sie dort oben tun, das es für uns hier unten besser macht?“
Am Ende habe Katy Perry dann doch gesungen. Zurück auf der Erde erzählte sie, sie habe das Lied „What a Wonderful World“ gesungen, als es wieder Richtung Erde ging. Sie habe sich nicht in den Vordergrund drängen und eines ihrer Lieder singen wollen. Es gehe bei dem Flug nun mal nicht um sie, sondern um alle. „Das alles ist für das Wohl der Erde.“