Schuldenpaket: Die Angst ist besiegt, es lebe der Mut

Wer Angst hat, ist oft im Vermeidungsmodus. Bloß nichts falsch machen. Bloß nichts riskieren. Sicherheit geht vor. Das Problem dabei ist: So lässt sich schwer herausfinden, wie begründet die Angst ist. Dafür braucht es Mut, mal aus der Komfortzone herauszugehen, in den Wachstumsbereich sozusagen. Um dann womöglich festzustellen, dass die Angst ein bisschen übertrieben war. Dass es sich lohnt, etwas zu wagen.

In Deutschland, so schien es, war vor allem eine Angst zuletzt besonders ausgeprägt: die Angst vor Staatsverschuldung und Inflation. Was wurde hierzulande in den vergangenen Wochen schwarzgemalt. Unser Wohlstand geriete in Gefahr. Es drohe eine neue Eurokrise. Deutschland könne sich so viele neue Schulden gar nicht leisten. Allein schon wegen seiner Vorbildfunktion in Europa. Ach, was ängstlich, fast panisch wirkten manche Reaktionen auf die Schuldenpläne von Union, SPD und Grünen. 

Mit der Unterschrift des Bundespräsidenten unter die geplanten Verfassungsänderungen ist das XXL-Finanzpaket für Infrastruktur und Verteidigung nun jedoch beschlossene Sache. Und es sieht so aus, als hätte am Ende nicht die Angst gesiegt, sondern der Mut. Denn das Gute ist, Ängste lassen sich tatsächlich überwinden. So auch die Furcht der Deutschen vor den Schulden.

Schwung für die deutsche Wirtschaft

Dafür gibt es gute Gründe. Denn das Finanzpaket ist eine große Chance. Seit Jahren dümpelt das Wirtschaftswachstum vor sich hin. Berechnungen von Wirtschaftsforschungsinstituten zeigen, dass vor allem die geplanten Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur den erhofften Schwung für die deutsche Wirtschaft bringen könnten. Zuwächse von ein bis zwei Prozentpunkten pro Jahr sind demnach möglich. Investitionen in Straßen, Brücken und Schienen sowie in Bildung erhöhen zudem langfristig die Produktivität der Wirtschaft. Die höheren Verteidigungsausgaben dürften ebenfalls etwas Schwung bringen. All das sollte helfen, die Schuldensorgen der Deutschen weiter zu zerstreuen.

Eine häufig genannte Befürchtung lautet, Deutschland könne all die Schulden doch gar nicht zurückzahlen. Und das stimmt womöglich auch, zumindest nicht so schnell. Doch darum geht es nicht, wie Ökonominnen und Ökonomen immer wieder betonen. Die Zinsen müssen bezahlt werden, das ist wahr. Aktuell gibt Deutschland bereits rund sieben Prozent des Gesamthaushaltes für Zinsen aus. Die Belastung durch die Zinsen sollte nicht zu stark steigen, damit die Regierung handlungsfähig bleibt. Staatsschulden werden aber in der Regel nicht zurückgezahlt. Wenn Staatsanleihen fällig werden, kann der Bund neue herausgeben.

Es ginge noch ein bisschen mutiger

Entscheidend ist, dass die Inflation und damit die Zinsen halbwegs stabil bleiben. Und dass die Wirtschaftsleistung schneller zulegt als die Staatsverschuldung. Dann fallen die Schulden nämlich nicht so stark ins Gewicht, durch steigende Steuereinnahmen könnten sie sich sogar selbst finanzieren. Deutschland kann sozusagen aus den Schulden herauswachsen, so wie es auch nach der Finanzkrise gelungen ist. Die Chancen dafür stehen gut. Auch weil Deutschland an den Finanzmärkten weiterhin eine Topbonität genießt, um sich zu guten Konditionen Geld zu leihen. Höchste Zeit also, mit dem Schwarzmalen aufzuhören.

Natürlich
gibt es Risiken. Es ist richtig, behutsam vorzugehen und die
Investitionen über einen längeren Zeitraum zu strecken, um die Inflation
nicht anzuheizen. Auch sollte die nächste Regierung dafür sorgen, dass
die Milliarden nicht versanden, sondern an den richtigen Stellen
ankommen. Statt freigewordene Mittel für teure Wahlgeschenke auszugeben,
sollte die Regierung die Investitionen mit Strukturreformen
flankieren, damit sie ihre volle Wirkung entfalten. Die Bürokratie, die
schleppende Digitalisierung, der Fachkräftemangel, es gibt viele
Probleme, die dringend angegangen werden müssen, um die deutsche
Wirtschaft nicht nur kurzfristig, sondern nachhaltig zu beflügeln. Hier
ist sicherlich noch mehr Mut gefragt. Aber aus Angst, es könnte
schiefgehen, erst gar nicht zu investieren, wäre falsch.