Nationalmannschaft: Nübel oder Baumann? Nagelsmanns schwierige Torwart-Entscheidung

In den Viertelfinalspielen der Nations League gegen Italien beendet Bundestrainer Julian Nagelsmann seine Rotation im Tor der deutschen Nationalmannschaft. Vor der Abreise nach Mailand ist die Entscheidung gefallen. Zwei Kandidaten standen zur Auswahl.

Wann er die Entscheidung treffen würde, hatte Julian Nagelsmann offen gelassen. Nur eins war klar: Ein Jobsharing, das es noch bei den Länderspielen im November des vergangenen Jahres auf der Torhüterposition gab, sollte es bei den anstehenden Nations-League-Viertelfinals gegen Italien am Donnerstag (20.45 Uhr, im Sport-Ticker der WELT) und Sonntag (20.45 Uhr, ebenfalls im Sport-Ticker der WELT) nicht mehr geben.

Nun steht fest, wer im Tor stehen wird. Nach Informationen von WELT hat sich der Bundestrainer für Oliver Baumann (1899 Hoffenheim) entschieden. Er erhält den Vorzug vor Alexander Nübel vom VfB Stuttgart.

Marc-André ter Stegen, den der Bundestrainer nach der EM 2024 in Deutschland zur neuen Nummer eins nach Manuel Neuers Rücktritt aus der Nationalelf ausgerufen hatte, fällt seit Monaten aufgrund einer Verletzung der Patellasehne aus. Danach gab es ein Wechselspiel im deutschen Tor zwischen Hoffenheims Oliver Baumann und dem Stuttgarter Alexander Nübel – Baumann spielte danach im Oktober gegen die Niederlande (1:0) und im November beim 7:0 daheim gegen Bosnien-Herzegowina, Nübel stand in Bosnien-Herzegowina (2:1) im Oktober und einen Monat später beim 1:1 gegen Ungarn im Tor.

Rückennummern stehen fest

Grobe Fehler machte keiner in seinen Spielen für die Nationalelf. Baumann spielte aber – im Gegensatz zu Nübel – zweimal zu Null. Einen Ticken voraus sah ihn der Bundestrainer im Anschluss. Nun auch vor den Partien gegen Italien. Baumann wird mit der Rückennummer „1“ auflaufen – Nübel erhält die „12“. Am Dienstagabend hatte der DFB auf seiner Homepage die Rückennummern für die Spieler im aktuellen Aufgebot veröffentlicht.

In der vergangenen Woche hatte Bundestrainer Nagelsmann rund um die Kader-Nominierung angekündigt, für die beiden Spiele eine Nummer eins zu benennen. Im Anschluss folgte – quasi für den letzten Eindruck – der 26. Spieltag.

Nagelsmanns Rüge für Leno

Baumann verlor mit der TSG Hoffenheim 0:1 beim FC St. Pauliund hatte seinen Anteil am Gegentreffer. Der 34-Jährige gab sich „eine Teilschuld“, mehr nicht. Zu seinen Nationalelf-Chancen sagte er im Anschluss an die Partie: „Das wird es nicht beeinträchtigen für mich, meiner Meinung nach.“ Nübel kassierte gegen Bayer Leverkusen (3:4) gleich vier Tore. Schuld war er an den Gegentreffern aber nicht.

Im Vorfeld dieser Partie hatte Nübel in einem Interview mit WELT AM SONNTAG auf die Frage, wie sich die Situation in der Nationalmannschaft für ihn darstellen würde, gesagt: „Ich freue mich immer auf die Zeit bei der deutschen Nationalmannschaft. Ich genieße das sehr.“

Auf Nachfrage, ob er denn die Rolle als Nummer eins anstrebe, ergänzte Nübel: „Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das aktuell aktiv nicht anstrebe. Ich bin erst einmal sehr glücklich, dass ich mein Debüt in der Nationalmannschaft geben durfte. Das war eine große Ehre – und ist etwas, wovon man als Kind träumt. Aber natürlich möchte ich so viele Länderspiele machen, wie es nur geht. Dafür bin ich Fußballprofi. Doch wir haben nun mal viele supergute Torhüter in Deutschland. Marc (Marc-André ter Stegen, die Redaktion) ist nach seiner Verletzung auf einem guten Weg. Ich denke, er kommt im Sommer wieder zurück, wenn alles gut läuft.“

Als dritter Torhüter gehört derzeit Stefan Ortega von Manchester City zum Kader der deutschen Auswahl. Ortega hatte im vergangenen November den Vorzug vor Bernd Leno vom FC Fulham als dritter Torhüter im DFB-Kader erhalten, der beim Länderspielblock einen Monat zuvor auf eine Reise zur Nationalmannschaft verzichtet hatte, weil er sich nicht auf die Bank setzen wollte.

Vom Bundestrainer gab es dafür eine Rüge. „Bernd hat sich so entschieden. Es macht die Tür nicht zu, aber sie ist auch nicht weiter aufgegangen. Bernd ist ja jetzt keine 25 Jahre mehr, sondern er hat auch eine gewisse Reife, Dinge zu bewerten. Und wenn er sie so bewertet, darf er das gerne für sich machen“, sagte Nagelsmann, merkte aber auch an: „Wenn er herausragend spielt, und alle anderen nicht, kann die Tür auch wieder weiter aufgehen.“

Mit Blick auf die zwei Spiele gegen Italien ist die Tür nun sinnbildlich für Oliver Baumann aufgegangen. Er wird im Tor stehen. Mit 34 hat er mehr Erfahrung – und genießt ein hohes Ansehen. Auch im Team. So sagte Stefan Ortega am Dienstag: „Olli spielt schon gefühlt seit 20 Jahren in der Bundesliga. Und was ich bei ihm richtig gut finde, ist, wie stabil er spielt. Er hat wenig Ausreißer nach unten.“

Lars Gartenschläger berichtet seit 2004 über die Nationalmannschaft, war bei fünf WM- und fünf EM-Turnieren dabei. Vor seiner ersten Weltmeisterschaft hieß die T-Frage: Kahn oder Lehmann?