
In der 75. Minute kam noch einmal Hoffnung auf beim VfL Wolfsburg. Lineth Beerensteyn hatte sich vor das Tor gekämpft, sie war gerannt wie es nur wenige in der Bundesliga können. Und das Ende dieser Szene konnte gar kein anderes sein, als dass der Ball an Ena Mahmutovic vorbeirauschte. Ein Treffer, endlich, aber eben nur zum 1:3. Mehr als Ergebniskosmetik war im Spitzenspiel der Frauen-Bundesliga nicht drin für jenes Team, das dem FC Bayern die letzte Heimniederlage hatte zufügen können. Das war am 13. November 2021. Satte 1218 Tage sind die Münchnerinnen zu Hause nun ungeschlagen. Dank des jüngsten Erfolgserlebnisses auf dem Bayern-Campus führen sie die Liga mit sechs Punkten Vorsprung auf Eintracht Frankfurt an – und haben den optimalen Start vor entscheidenden Wochen erwischt. Am Dienstag steht das Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Olympique Lyon an, am Samstag das Pokal-Halbfinale gegen Hoffenheim.
Zwei Statistiken sprachen dafür, dass diese ewige Rivalität auch an diesem Abend in einem umkämpften Spiel zum Ausdruck kommen würde. Die beiden besten Defensivreihen – beide bis zum Anpfiff mit nur elf Gegentreffern – und die hinter Frankfurt (53 Tore) beiden zweitbesten Angriffe (41) standen sich gegenüber. Wolfsburgs Trainer Tommy Stroot hatte vor der Partie etwas geheimnisvoll gesprochen von Qualitäten, „die wir für uns entdeckt haben und die wir einsetzen können“. Beim Hinspiel im Oktober hatte er mit einer Fünferkette überrascht, was zum gewünschten Ergebnis führte: Die Wolfsburgerinnen gewannen 2:0 – und beendeten mit der bisher einzigen Saisonniederlage der Münchnerinnen deren Serie von 44 Siegen in der Liga.

Joshua Kimmich im Interview
:„Selbst mein Vater hat mich gefragt: Was brauchst du denn noch?“
Nach turbulenten Wochen hat Joshua Kimmich seinen Vertrag beim FC Bayern doch verlängert. Im SZ-Interview erklärt er, warum er sich für seine Entscheidung viel Zeit genommen hat. Er spricht über die Rolle von Trainer Kompany und eine unglücklich gesetzte Deadline.
Auch diesmal stellte Stroot um, allerdings gezwungenermaßen. Abwehrchefin Marina Hegering verletzte sich beim Aufwärmen am Oberschenkel. Und vielleicht dachte Stroot in der 13. Minute also umso mehr an diesen einen Kniff aus dem Herbst, als er beobachten musste, wie seine Abwehr ausgespielt wurde. Ausgerechnet von jener Stürmerin, die jahrelang den VfL zum Jubeln gebracht hatte: Alara Sehitler, die diese Woche einen neuen Vertrag unterschrieben hat, flankte den Ball nach einem Einwurf geschickt in den Strafraum. Klara Bühl, seit dieser Woche ebenfalls ausgestattet mit einem neuen Vertrag, leitete weiter zu Pernille Harder. Die Dänin hatte die Hauptarbeit schon damit erledigt, sich richtig zu positionieren, denn Sarai Linder war mehr Begleitschutz als Störfaktor. Schon stand es 1:0 für den Meister.
Bayern-Trainer Straus wechselt offensiv – und kann sich kurz danach auf die Schulter klopfen
Die Wolfsburgerinnen mühten sich zwar redlich um den Ausgleich. Aber so richtig nah kamen sie ihrem Ziel nur einmal. Nach einer halben Stunde hätte Jule Brand beinahe einen Ballverlust von Carolin Simon genutzt. Ansonsten war die erste Hälfte angemessen umkämpft, aber chancenarm – und schmerzvoll. Bayerns Torhüterin Ena Mahmutovic prallte zusammen mit ihrer Kapitänin Glódís Viggósdóttir, die daraufhin heftig über dem Auge blutete und nur mit einem Kopfverband weitermachen konnte. Später waren es Mahmutovic und Wolfsburgs Lineth Beerensteyn, diesmal wenigstens ohne Platzwunde.
Und weil es so schön war, schoss Harder noch ein Tor. Vor der Pause hatte sie eine von zwei nennenswerten Chancen ihres Teams genutzt, nach der Pause verwandelte sie gleich die erste. Jovana Damnjanovic konnte auf der rechten Spur ohne Geschwindigkeitsbegrenzung rennen, dann in Ruhe flanken. Und wieder hatte Harder mehr Begleitschutz als bedrohliche Bewachung, diesmal war es Caitlin Dijkstra, die nicht aufpasste. Im Sprung traf sie zum 2:0 in der 47. Minute. Beinahe hätte Wolfsburg direkt auf eindrucksvolle Weise geantwortet. Aber der Schuss von Lena Lattwein aus mehr als 20 Metern donnerte gegen die Latte. Lattwein war dann die nächste Spielerin mit einer Platzwunde, nach einem Foul wurde sie von einem Stollen im Gesicht getroffen.
Vor allem Beerensteyn blieb gefährlich. Bayerns Trainer Alexander Straus reagierte mit offensiven Wechseln. In der 68. Minute kamen Momoko Tanikawa für Alara Sehitler sowie Lea Schüller für Jovana Damnjanovic. Und es dauerte keine Minute, bis Straus sich dafür auf die Schulter klopfen konnte. Tanikawa spielte einen cleveren Pass auf Harder, die diesmal die Rolle der Vorlagengeberin einnahm und optimal auflegte für Schüller. Mit ihrer ersten Ballberührung nickte die deutsche Nationalspielerin per Kopf das 3:0 ein. Später wäre es fast noch mal zu einem Erfolgserlebnis dieser Kombination gekommen: Tanikawa passte mit feinem Fuß auf Harder, die den Ball mit der Hacke querlegte, Schüllers Schuss wurde geblockt. Das Spiel aber war ohnehin gelaufen.