
Nach einem wochenlangen Ringen mit Ungarn haben die EU-Staaten am Freitag Sanktionen gegen mehr als 2400 Personen und Organisationen bis Mitte September verlängert, welche die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben. Sie dürfen nicht in die EU reisen, ihre Vermögenswerte werden eingefroren und Unternehmen wird die Geschäftstätigkeit untersagt. Als Zugeständnis an Budapest wurden vier Personen von der Liste entfernt. Andernfalls wäre der Sanktionsbeschluss in der Nacht von Samstag auf Sonntag verfallen. Die Listungen, die 2014 mit der russischen Eroberung der Krim-Halbinsel begonnen haben, müssen alle sechs Monate verlängert werden.
Nach F.A.Z.-Informationen handelt es sich bei den gestrichenen Personen um den russischen Sportminister und Vorsitzenden des Nationalen Olympischen Komitees Michail Degtjarjow; um den Oligarchen Mosche Kantor, der auch die britische und israelische Staatsangehörigkeit besitzt; Gulbahor Ismailowa, die Schwester von Alischer Usmanow, dem der größte Eisenproduzent Russlands gehört; Wladimir Raschewskyj, früher Direktor des Düngemittelherstellers Eurochem. Insbesondere Raschewskyjs Listung wurde als schwach begründet gesehen. Die anderen drei Namen standen auf einer ungarischen Liste mit insgesamt neun Personen. Darunter waren weitere Geschäftsleute wie Usmanow selbst, die beiden Banker Michail Fridman und Pjotr Aven, und Dimitri Masepin, ein belarussisch-russischer Oligarch aus dem Kalisektor.
Einige hatten beim Gericht der Europäischen Union gegen die Sanktionen geklagt, zum Teil sogar erfolgreich. So entschieden die Luxemburger Richter im April 2024, dass der Rat der Europäischen Union keine hinreichenden Beweise dafür vorgelegt habe, dass Aven und Fridman an Handlungen mitgewirkt hätten, die die Integrität, Souveränität und Selbständigkeit der Ukraine bedrohen oder untergraben. Die bloße Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin reiche nicht aus. Das Gericht erklärte die Listungen für ungültig, doch kam der Rat dem nicht nach und änderte seine Begründung leicht ab, wogegen die beiden Betroffenen abermals klagten.
Ungarn hatte sich schon gegen die Verlängerung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland gesträubt und seinen Widerstand erst kurz vor Ablauf der Frist Ende Januar aufgegeben – seinerzeit ohne Konzessionen der anderen Staaten. EU-Diplomaten glauben, dass es Budapest tatsächlich darum geht, Druck auszuüben, damit die EU eingefrorene Mittel freigibt. Das betrifft zwölf Milliarden Euro aus Kohäsionsmitteln und zehn Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds, die Budapest gerne hätte. Unterstützt wurde Ungarn auch diesmal von der Slowakei, die noch Anfang dieser Woche die Entfernung von vier Namen forderte, allerdings insgesamt widersprüchliche Signale aussandte. Der Botschafter des Landes habe keine einheitlichen Weisungen bekommen, hieß es.