Sommerregen und Nerven behalten: Tatjana Maria gewinnt bei Australian Open – Sport

Torben Beltz grinste. „Du weißt schon, was das für ein Platz ist, oder?“, sagte er nach dem 7:6 (5), 6:4-Erstrunden-Sieg von Tatjana Maria in der 1573 Arena, von der aus man einen wunderbaren Blick auf die Skyline von Melbourne hat: „Hier hat Angie 2016 den Matchball in der ersten Runde abgewehrt.“ Angie, das ist natürlich Angelique Kerber; die war damals in der ersten Runde auf diesem Platz gegen Misaki Doi kurz vor dem frühen Scheitern gestanden, gewann diese Partie aber noch und gute zwei Wochen später ihren ersten Grand-Slam-Titel. Wer weiß, was passiert wäre, hätte Kerber damals nicht noch gewonnen – so aber beendete sie nach Olympia 2024 ihre Karriere als dreimalige Grand-Slam-Siegerin.

„Ich dachte mir: Tatjana, das kannst du mir jetzt nicht antun“, sagte Beltz, damals Trainer von Kerber. Seit Dezember ist er Bundestrainer der deutschen Frauen, und als solcher erlebte er gleich zu Beginn der Australian Open am Sonntag eine Extremsituation: Diese Partie zwischen Maria und Bernarda Pera (USA) wurde vor Beginn des Tiebreaks im ersten Satz unterbrochen. „Australischer Sommer“, das bedeutet, dass man bisweilen alle vier Jahreszeiten innerhalb von 24 Stunden erlebt, und am ersten Turniertag hatten sich die Götter erst für Sommermorgen, dann krachendes Gewitter und anschließend sechs Stunden Regen entschieden.

Tatjana Maria erlebt in Melbourne, was ein australischer Sommer so bedeuten kann

Das bedeutete: herumlungern auf der Anlage, gleichzeitig aber die Spannung hochhalten; denn es ging ja dann nicht bei irgendeinem Spielstand weiter, bei dem man sich erst mal Fehler erlauben könnte – sondern mit wichtigen Momenten. „Ich habe geschlafen, gewartet, gegessen – und bin zu meinen Kindern, die ja die ganze Zeit in der Betreuung waren; für die war das deshalb schon ein langer Tag“, sagte Maria danach. Als älteste Spielerin im Frauen-Tableau – sie feierte im August ihren 37. Geburtstag – habe sie, Mutter von zwei Töchtern, doch ein bisschen Erfahrung mit Situationen wie diesen: „Man versucht, diese Momente zu visualisieren und sie dann umzusetzen.“

Genau das tat sie: Sie behielt wie damals Kerber die Nerven, mit ihren typischen Slice-Schnibblereien wartete sie geduldig auf die Fehler der Gegnerin, die deutlich fahriger zurück auf den Platz kam und den Tiebreak mit einem Doppelfehler beendete. Ein bisschen Nervenkitzel für Beltz, bei Frühlingsabend-Wetter, gab es aber doch noch: Maria verwandelte erst ihren fünften Matchball zum Einzug in die zweite Runde. Beltz hat nun also eine weitere positive Erinnerung an diesen Platz. Seine Strategie zum Überbrücken der Wartezeit übrigens: „Ich habe ein Buch gelesen.“