„Stromgedacht“-App von TransnetBW springt auf Rot: Verwirrung in Baden-Württemberg um Anregung zum Stromsparen


Hohen Verbrauch vermeiden

Verwirrung um Anregung zum Stromsparen in Baden-Württemberg

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Die App des Stromnetzbetreibers TransnetBW springt für Freitagvormittag auf Rot. Kunden sollten hohen Verbrauch vermeiden. Was andernorts bei Verbrauchern möglicherweise zu Sorgen vor Stromausfällen führt, ist in Baden-Württemberg Normalität. Denn anders, als oft behauptet, liegt es nicht an der Stromproduktion.

„Strom-Alarm im Südwesten“ titelt die „Bild“-Zeitung und verweist auf die App „Stromgedacht“ des Betreibers TransnetBW in Baden-Württemberg. In der hieß es, das Netz müsse stabil gehalten werden und die Kunden könnten dabei helfen. Konkret sollten sie am heutigen Freitag zwischen 8 und 11 Uhr Strom sparen und vor allem auf die Nutzung von Haushaltsgeräten mit hohem Verbrauch verzichten. Gemeint sind Waschmaschinen, Herde, Backöfen und Trockner. Aber auch Elektroautos sollten nach Möglichkeit in der genannten Zeit nicht geladen werden.

Stromausfälle drohten allerdings nicht, stellt der Netzbetreiber klar. Jedoch müsste TransnetBW das Netz über Stromimporte aus dem Ausland stabil halten. Der zugekaufte Strom stamme allerdings aus konventionellen Quellen, also nicht aus erneuerbaren. Dennoch bleibt grundsätzlich ein mulmiges Gefühl und die Frage, ob nach Abschaltung der verbliebenen drei Atomkraftwerke in Deutschland zunächst Stromknappheit und schon bald Blackouts drohen.

Zumindest der zweiten Sorge tritt TransnetBW bereits in seiner App-Mitteilung entgegen. Auch die erste Annahme, es fehle an Strom, erweist sich als falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Wie der „Südkurier“ bereits 2023 berichtet, produzieren zu einigen Zeiten die Windkraftanlagen in Norddeutschland derart viel Strom, dass dieser gar nicht so schnell in den Süden – wo sich Großabnehmer aus der Industrie befinden – transportiert werden kann. Die Netze sind dann quasi mit Strom verstopft. Als Konsequenz werden die Windkraftanlagen im Norden gedrosselt und im Süden muss Strom importiert werden, um die große Nachfrage zu bedienen – und das ist teuer. Dieser Vorgang heißt Redispatch, und er ist keineswegs selten.

Der „Südkurier“ zitiert etwa TransnetBW, nach dessen Angaben in der ersten Dezemberwoche 2022 ganze 60 Mal diese Situation eingetreten sei. Am 8. Dezember 2022 etwa mussten 700 Megawatt Leistung aus der Schweiz importiert werden. Und der zusätzliche Stromimport kommt den Netzbetreiber teuer zu stehen. Laut Bundesnetzagentur mussten alle Netzbetreiber Deutschlands im Jahr 2021 insgesamt 590 Millionen Euro für Redispatch-Maßnahmen zahlen. Laut Bundesnetzagentur waren es im vergangenen Jahr knapp 2,4 Milliarden Euro.

Aus genau diesem Grund sollen die Kunden beim Stromsparen helfen und besonders auf Geräte mit hohem Verbrauch verzichten. Denn die „Stromgedacht“-App von TransnetBW ist keine Warnapp. Es gehe darum, Kunden anzuregen, den eigenen Stromverbrauch besser zu planen und in Phasen zu verschieben, in denen ausreichend Strom zur Verfügung steht. Selbst wenn die App auf Rot springt, bedeutet das keinen bevorstehenden Blackout, sondern lediglich den Hinweis, den Verbrauch zu reduzieren. Steht die App für einen bestimmten Zeitraum auf Gelb, sollten Kunden hohen Verbrauch vorziehen oder verschieben.

Die Lösung des grundsätzlichen Problems, so sagte TransnetBW-Sprecherin Claudia Halici dem „Südkurier“ bereits 2023, wäre ein umfangreicher Ausbau der Stromnetze. An dem hapert es aber seit Jahren. Denn es kommt nicht von ungefähr, dass immer in Baden-Württemberg Stromkunden zum Sparen angehalten werden. In Norddeutschland ist das nicht der Fall.