Wie die Mettbrötchen der AfD im Bundestag schmecken

Es gibt nicht viele Orte im Bundestag, an denen Mett serviert wird. Einer ist Raum 6.554 im Jakob-Kaiser-Haus. Dort veranstaltet die AfD ihr sitzungswöchentliches Pressegespräch. Zu ähnlichen Runden laden auch andere Fraktionen; die morgendlichen Gespräche bei Kaffee sind eine Art parteiische Wochenvorschau. Die Speisen, die dazu serviert werden, können als kulinarische Selbstpor­träts der Parteien gelten: Die FDP bietet Rührei, Croissants und frisches Obst, die CSU Weißwürste – und die AfD unter anderem Mett.

Dienstag, neun Uhr: Einer der vier AfD-Abgeordneten, die den Journalisten gleich Auskunft geben, bedient sich am Brötchentablett. Es gibt Hälften mit Schinken oder Käse. Dazwischen liegen solche mit Gehacktem. Deren politische Symbolkraft kann kaum überschätzt werden.

Sie stehen für die Welt des kleinen Mannes. Während die Bratwurst in Deutschland klassenübergreifend Bodenständigkeit signalisiert, weswegen auch Bundeskanzler öffentlichkeitswirksam hineinbeißen, bleibt die mit Mett bespachtelte und mit Zwiebeln garnierte Brötchenhälfte der signature snack der Arbeiter. Nicht von ungefähr stritten im Thüringer Wahlkampf die Landesvorsitzenden von AfD und CDU, Björn Höcke und Mario ­Voigt, vor Fernsehkameras darüber, ob es Gehacktes oder Mett heiße. So, als wäre die richtige Bezeichnung („In Thüringen heißt das Gehacktes“, Voigt) das Codewort an der Tür zum wahren Volk.

Trotz allem: O Tannenbaum!
Trotz allem: O Tannenbaum!Friederike Haupt

Auch der AfD-Abgeordnete am Brötchentablett greift zum Mett, hier mit Zwiebelwürfeln und Salatblattgarnitur. In einer kurzen Plauderei mit seinen drei Kollegen fällt das Wort „Handwerkermarmelade“. Alle vier haben studiert, zwei wurden promoviert.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.



Doch egal, ob das Mett hier symbolisch oder ironisch serviert wird: Es kommt an, auch bei manchen Journalisten. Ihnen dürfte bekannt sein, dass die AfD im Bundestag eine Geschichte mit dem Thema hat: 2017 machten auffällig hohe Cateringkosten der Fraktion Schlagzeilen. Ins Visier geriet damals auch eine veritable Mett-Torte mit dem ebenfalls aus Mett geformten Schriftzug „AfD“, die auf einer Wahlparty serviert worden war.

Durchs AfD-Programm für die Woche führt sodann deren Erster Parlamentarischer Geschäftsführer, Bernd Baumann. Es sind seltsame Tage: zwischen dem Montag, an dem das Parlament dem Bundeskanzler das Vertrauen entzog, und dem Freitag, an dem die Abgeordneten zu Weihnachten heimreisen. Nach einer Stunde löst die Runde sich auf. Ein Abgeordneter nimmt zwei Mettbrötchen in sein Büro mit. Am Weihnachtsbaum im Foyer des Bundestags glänzen die Kugeln so festlich wie in jedem Jahr.