Die Kameras werden auf Youssoufa Moukoko gerichtet sein, wenn der OGC Nizza an diesem Samstag (18.00 Uhr) im französischen Pokal auf die USC Corte trifft – spielen aber wird der formschwache Stürmer vermutlich nicht. Viermal kam er in den jüngsten Partien in der Ligue1 gar nicht zum Einsatz, zweimal wurde er eingewechselt – jeweils in der letzten Minute.
Trotzdem sorgt der Fall Moukoko wieder für Aufsehen, seit die Pro-Sieben-Dokumentation „Tricksen, Schummeln, Täuschen – das Geschäft mit den Fußballtalenten“ eine alte Geschichte um neue Kapitel erweitert hat: Moukokos Karriere sei das Ergebnis einer großen Lüge, lautet die anhand von eidesstattlichen Erklärungen, Interviews und verschiedenen Dokumenten untermauerte Kernaussage des Films. In Wahrheit sei er nicht 20, sondern schon 24 Jahre alt. Und der Mann, der sich jahrelang als sein Vater ausgab, soll ein Betrüger sein, gegen den nun ermittelt wird.
Was wusste Lars Ricken?
Bislang handelt es sich nur um Behauptungen, die die Theorie vom großen Betrug stützen. Allerdings versucht bislang auch niemand, zu beweisen, dass die über Jahre aufrechterhaltene Geschichte vom deutschen Staatsbürger Joseph Moukoko, der seinen am 20. November 2004 geborenen Sohn im Jahr 2014 aus Kameruns Hauptstadt Jaunde nach Deutschland holte, doch stimmt.
Möglich wäre das etwa durch eine medizinische Altersfeststellung oder einen Gentest. Moukokos deutsche Geburtsurkunde ist unzweifelhaft echt, wurde aber vom Bezirksamt Hamburg-Harburg auf der Basis eines Dokuments aus Jaunde ausgestellt, das sich dort – wie die Doku zeigt – problemlos für ein paar Euro mit frei wählbaren Daten und Namen kaufen lässt.
Der Fall Moukoko ist auch eine tragische Geschichte über Armut in Afrika: über Menschen, die ihr Kind in der Hoffnung auf Geld in die Hände dubioser Leute geben; über einen deutschen Klub, der Joseph Moukoko und seiner Frau Marie anscheinend zu Jobs verhalf, in denen sie zum Teil sechsstellige Jahresgehälter bezogen, in Wahrheit aber nie gearbeitet haben sollen. Unklar bleibt, wie es Youssoufa Moukoko damit geht, seit zehn Jahren unter Betrugsverdacht zu stehen, in seiner Jugend womöglich für Tore gegen viel jüngere Kinder gefeiert worden zu sein und mutmaßlich allein zu sein mit sich und seiner Unwahrheit.
Umgeben war er immer von Leuten, die Leistung verlangten und Geld verdienen wollten, während der junge Fußballer keinen Kontakt mehr zu den Menschen haben kann, die sich in der Doku als Jugendfreunde ausgeben, und auch nicht zu den Personen, die angeblich seine leiblichen Eltern sind. Diese haben ein einfaches Haus und ein Auto, einen bescheidenen Wohlstand also.
Der Fußballstar ist zwar Profiteur, er hat eine Ausbildung bekommen, die ihn zu einem Profi gemacht hat, er verdient viel Geld und hat gezeigt, dass er in einer großen Liga erfolgreich sein kann. Aber er hat auch viel verloren. Zumal jeder künftige Verein des Stürmers, der bis Sommer 2025 an Nizza verliehen und anschließend noch ein Jahr an den BVB gebunden ist, in Zukunft Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Moukoko und seinem Umfeld haben muss.
Die Zeitung „Nice-Matin“ zitiert eine anonyme Quelle des OGC Nizza mit der Aussage, dass es den Verantwortlichen egal sei, ob der Spieler nun 20 oder 24 ist. „Besorgniserregender“ seien seine Leistungen, die Berichterstattung werde „ihm mental nicht helfen“.