Sensation bei Darts-WM: Lok Yin Lee aus Hongkong gewinnt neun Legs in Folge

Es war nicht nur das Handtuch um seinen Hals, mit dem Lok Yin Lee bei der Darts-WM für Aufsehen sorgte. Der Exot aus Hongkong überraschte auch sportlich. Anschließend sorgte Martin Schindlers nächster Gegner für eine neue Bestmarke.

Lok Yin Lee schnappte sich das Hallenmikrofon und drehte sich zu den Fans: „Ich liebe euch“, rief er ihnen entgegen und reckte noch einmal die Hände in die Höhe. Das Publikum bei der Darts-WM in London konnte dem Mann aus Hongkong dabei zusehen, wie er den mit Abstand größten Moment seiner Karriere verarbeitete. „Oh mein Gott. Ich bin so aufgeregt“, sagte er im ersten Interview nach seinem Sieg auf der Bühne.

In seinem Spiel gegen den haushoch favorisierten Chris Landman war davon allerdings nichts zu sehen. Bereits im ersten Durchgang hatte er den Niederländer in den Decider gezwungen, verlor nur knapp mit 2:3. Dann aber startete er einen beeindruckenden Lauf und brachte damit auch die Zuschauer hinter sich. Lee holte sich Durchgang zwei zu null und hatte den ausverkauften Alexandra Palace beim Start in die Nachmittagsession aufgeweckt. Die Fans begannen seinen Namen zu skandieren.

„Wow, das war unglaublich. So viele Fans und Leute hinter mir“, staunte Lee noch weit nach seinem Erfolg, „und das bei meiner ersten Erfahrung auf der WM-Bühne.“ Er habe zwar schon für Hongkong beim World Cup in Frankfurt gespielt, „Aber da hatte ich ja einen Partner neben mir. Hier ganz allein auf dieser Bühne ist dann noch mal etwas ganz Anderes“, sagte er, pustete einmal durch und rückte seine Brille zurecht.

Landman hatte es dem Exoten bei dessen Debüt aber auch leichtgemacht. Der Niederländer traf nur drei seiner 28 Versuche auf den Doppelfeldern, spielte einen miserablen Average von 80,71 Punkten. Lee benötigte daher auch sein braunes Handtuch nicht, das das gesamte Spiel über um seinen Hals geschwungen war. Er sah aus wie bei einem Saunagang, kam aber nie ins Schwitzen und gewann die Durchgänge drei und vier ebenfalls glatt mit 3:0. „Ich spiele mit dem Handtuch seit 2023. Wenn es mir zu heiß wird, trockne ich mich damit ab“, erklärte er.

Er wird es womöglich auch in der zweiten Runde nicht brauchen. Lee trifft dort auf den formschwachen Nordiren Brendan Dolan, die Chance auf Runde drei ist da. Bei einem Sieg würden zu seinen 15.000 Pfund Preisgeld weitere 10.000 Pfund hinzukommen. Geld, das er gut gebrauchen könne, um seine Dartskarriere weiter voranzutreiben: „Ich habe ein paar Sponsoren, aber von meiner Familie kann ich finanziell nicht viel erwarten“, verriet er.

Er wolle das nächste Jahr daher nutzen, um mehr zu trainieren, mehr Turniere zu spielen, sich weiter zu verbessern und es dann im Januar 2026 vielleicht bei der Q-School zu wagen und um eine Tourkarte zu kämpfen.

Martin Schindler ist gewarnt

Diese hatte Martin Schindler vor vier Jahren verloren. Mittlerweile ist der 28-Jährige die deutsche Nummer eins und fiebert seinem Auftaktmatch am Sonntagabend entgegen. Nun weiß der Strausberger auch, auf wen er dort treffen wird. Callan Rydz gewann sein Erstrundenmatch gegen Romeo Grbavac auf beeindruckende Art und Weise mit 3:0.

Der Kroate spielte einen Average von 97,92 Punkten und wäre mit dieser Leistung gegen nahezu jeden Erstrundenteilnehmer weitergekommen. Pech für Grbavac, dass er es am Donnerstag mit einem herausragenden Rydz zu tun bekam. Der Engländer spielte mit 107,06 Punkten den bislang höchsten Punktedurchschnitt des Turniers und den höchsten in einem WM-Erstrundenmatch überhaupt. In der Geschichte der Weltmeisterschaft gab es insgesamt nur 25 Matches, bei denen ein Spieler einen noch höheren Average warf.

„Wenn ich das noch sechsmal spiele, kann ich Weltmeister werden“, sagte Rydz augenzwinkernd. Schindler ist also trotz seiner blitzsauberen 12:0-Bilanz gegen „The Riot“ gewarnt. „Martin ist ein großartiger Spieler und ein toller Typ. Aber ich wäre hier sehr gern nach Weihnachten noch dabei“, so Rydz.

Wenn Lutz Wöckener nicht gerade irgendeinen Sport im Selbstversuch ausprobiert, schreibt er über Darts und Sportpolitik, manchmal aber auch Abseitiges wie Fußball.

Darts-WM, Ergebnisse, 19.12.

1. Runde

Chris Landman (NED) – Lok Yin Lee (HKG) 1:3 (3:2, 0:3, 0:3, 0:3)

Callan Rydz (ENG) – Romeo Grbavac (CRO) 3:0 (3:0, 3:1, 3:1)

Martin Lukeman (ENG) – Nitin Kumar (IND)

2. Runde

Gabriel Clemens (D/27) – Robert Owen (Wales)

1. Runde (ab 20 Uhr)

Nick Kenny (WAL) – Stowe Buntz (USA)

Mensur Suljovic (AUT) – Matt Campbell (CAN)

Scott Williams (ENG) – Niko Springer (D)

2. Runde

Michael Smith (ENG/2) – Kevin Doets (NED)

Darts-WM, Spielplan am 20.12.

1. Runde (ab 13.30 Uhr)

Stephen Burton (ENG) – Alexander Merkx (NED)

Wessel Nijman (NED) – Cameron Carolissen (RSA)

Ian White (ENG) – Sandro Eric Sosing (PHI)

2. Runde

Stephen Bunting (ENG/8) – Kai Gotthardt (D)

1. Runde (ab 20 Uhr)

Mickey Mansell (NIR) – Tomoya Goto (JPN)

Florian Hempel (D) – Jeffrey De Zwaan (NED)

William O‘Connor (IRL) – Dylan Slevin (IRL)

2. Runde

Michael van Gerwen (NED/3) – James Hurrell (ENG)