Freigelassener US-Journalist Gershkovich berichtet über russische Spionageabwehr

Gut vier Monate nach seiner Freilassung aus russischer Gefangenschaft hat der US-Journalist Evan Gershkovich im „Wall Street Journal“ einen Artikel über die für seine Verhaftung zuständige Geheimdienstabteilung veröffentlicht. Dabei handele es sich um die bisher weitgehend unbekannte Abteilung für Spionageabwehr DKRO des russischen Geheimdienstes FSB, hieß es in dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht.

Russland wollte Vadim Krasikow

Das DKRO habe den Auftrag erhalten, die Freilassung des in Berlin inhaftierten „Tiergarten-Mörders“ Vadim Krasikow zu erreichen. Danach habe die Abteilung ihre „Kampagne zur Verhaftung amerikanischer Staatsbürger beschleunigt“ und neben anderen auch ihn festgenommen, berichtete Gershkovich. Ganz offensichtlich habe er als „Köder“ dienen sollen, hieß es in dem Artikel, den der 33-Jährige gemeinsam mit drei Kollegen verfasste.

„Ich war verhaftet und als CIA-Agent angeklagt worden, weil das DKRO gesagt hatte, dass ich das sei“, schrieb Gershkovich. Der mit seinem Fall befasste Ermittler habe zu ihm gesagt, diese Information sei für ihn ausreichend.

Das DKRO habe rund 2000 Mitarbeiter und stehe unter dem Befehl eines Offiziers namens Dmitri Minajew, hieß es weiter in dem Bericht. Die Abteilung betreibe nicht nur die Verhaftung von US-Bürgern, sondern sei auch an der Repression in Russland beteiligt. Die Abteilung habe die Verhaftung von hunderten Russen angeordnet, „die wegen Spionage, Kollaboration oder Verrat beschuldigt werden““, hieß es in dem Bericht.

Beweise für Spionage gab es nie

Gershkovich befand sich bei seiner Festnahme im März 2023 auf einer Recherchereise. Im Juli 2024 wurde er in Jekaterinburg wegen angeblicher Spionage zu 16 Jahren Haft verurteilt. Beweise wurden nie vorgelegt, Gershkovich und das „Wall Street Journal“ hatten den Spionagevorwurf stets zurückgewiesen.

Am 1. August hatten Russland und der Westen den größten Gefangenenaustausch seit dem Ende des Kalten Kriegs vollzogen. Dabei kehrten unter anderen Gershkovich und der ebenfalls in Russland inhaftierte frühere US-Soldat Paul Whelan in ihre Heimat zurück.

Die Bundesregierung hatte darin eingewilligt, im Zuge des Austauschs Krasikow nach Russland ausreisen zu lassen. Er war zu lebenslanger Haft verurteilt worden, weil er im August 2019 einen tschetschenischstämmigen Georgier im Kleinen Tiergarten in der Hauptstadt erschossen hatte.

Die deutsche Justiz sah es als erwiesen an, dass Krasikow den Mord im Auftrag staatlicher russischer Stellen begangen hatte, während sich dieser als unbescholtener Ingenieur ausgab. Nach Krasikows Rückkehr gab der Kreml zu, dass er ein Agent des russischen Geheimdienstes ist.