Ex-Kanzlerin: Angela Merkel sieht bei Friedrich Merz „unbedingten Willen zur Macht“

Die frühere Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hat sich bei der Vorstellung ihrer Memoiren auch zur Kanzlerkandidatur von CDU-Chef Friedrich Merz geäußert. Auf die Frage von Moderatorin Anne Will, ob sie ihm die Kanzlerkandidatur gönne, antwortete Merkel klar mit „Ja“. „Man braucht diesen unbedingten Willen zur Macht. Friedrich
Merz hat den auch. Und deshalb gönne ich es ihm“, sagte die frühere Bundeskanzlerin.

In der Migrationspolitik habe sie andere Einstellungen als Merz, sagte Merkel. Für sie sei immer wichtig gewesen, dass es an den deutschen Grenzen keine Zurückweisungen von Asylsuchenden geben sollte. „Ich halte das auch für den falschen Weg“, sagte sie.

Sie stellte sich erneut hinter ihr Vorgehen in der Flüchtlingskrise 2015. Sie hätte ihren viel zitierten Satz „Wir schaffen das“ nicht gesagt,
wenn sie gedacht hätte, dass dies eine leichte Aufgabe sei. „Dann hätte ich das nicht sagen brauchen“, sagte Merkel. Sie habe damals schon dafür plädiert, Menschen und nicht Flüchtlingsströme zu sehen.

Merkel verteidigt Russlandpolitik

Den russischen Angriff auf die Ukraine bezeichnete Merkel als eine „dramatische Fehleinschätzung“ durch Russlands Präsident Wladimir Putins. „Auf jeden Fall glaube ich, dass er seine Kräfte vollkommen überschätzt hat“, sagte sie. Gleichzeitig dürfe Russland aber auch nicht unterschätzt werden. Sie fügte hinzu, dass die Ukraine den Krieg verliere, „das denke ich nicht und das hoffe ich nicht“.

Merkel verteidigte ihre Russlandpolitik nach der
russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014. „Ich halte es im Rückblick für keinen Fehler“, sagte sie.

Auf die Frage, ob sie Deutschland in echter Kriegsgefahr sehe, habe Merkel im Vorgespräch lange gezögert und dann mit „Nein“ geantwortet, sagte Moderatorin Will. Merkel betonte angesichts dessen die Notwendigkeit einer „glaubwürdigen Abschreckung“. Diese könne es nur innerhalb der Nato geben, sagte Merkel. „Europa ganz alleine kann das nicht.“ Europa müsse mit den USA zusammenarbeiten.

Angela
Merkel war von 2005 bis 2021 die erste Bundeskanzlerin der Bundesrepublik
Deutschland. Neben der Flüchtlingskrise prägten auch die Finanz- und
Eurokrise sowie die Coronapandemie ihre Regierungszeit.

Drei Jahre nach dem Ende von Merkels Amtszeit erscheinen am heutigen Dienstag die Memoiren
der Altkanzlerin, sie tragen den Titel: Freiheit. Das Buch kommt in mehr als 30 Ländern heraus. Auf mehr als 700
Seiten beleuchtet Merkel ihr Leben von ihrem Aufwachsen in der DDR bis zum
Ausscheiden aus dem Amt. Geschrieben hat sie das Buch mit ihrer langjährigen politischen Beraterin Beate Baumann.

Einige der Themen, die Merkels Amtszeit prägten, bestimmen auch heute noch die Debatte – außen- wie innenpolitisch: Russland und die Ukraine, die
USA unter Donald Trump, die Debatten um Migration, Atomenergie und die
Schuldenbremse.

Einen Auszug aus Merkels Memoiren lesen Sie hier.