Drei Minuten lang ist die Videobotschaft von Boris Pistorius. Drei Minuten, die eine tage-, eigentlich wochen- wenn nicht monatelange Diskussion über den Kanzlerkandidaten der SPD beenden sollen. Pistorius steht vor einer roten Wand, auf einem Stehtisch hinter ihm die Buchstaben S und P und D. „Soeben habe ich unserer Partei- und Fraktionsspitze mitgeteilt, dass ich nicht zur Verfügung stehe für die Kandidatur um das Amt des Bundeskanzlers.“ Das sei seine ganz eigene Entscheidung gewesen, sagt Pistorius. „Wir haben mit Olaf Scholz einen hervorragenden Bundeskanzler.“
Pistorius zählt die Verdienste von Scholz auf – und beginnt, ganz Verteidigungsminister, bei der deutschen Unterstützung für die Ukraine. Scholz stehe für Vernunft und Besonnenheit. Er sei ein starker Kanzler und der richtige Kanzlerkandidat.
Und dann beginnt der Teil des Videos, bei der sich der Verteidigungsminister selbst verteidigt. Denn die Diskussion, ob er oder Scholz antreten sollten bei der Neuwahl am 23. Februar, habe der Partei geschadet. Er, Pistorius, habe diese Debatte nicht gewollt. Und er habe sich auch für nichts ins Gespräch gebracht. Aus dem Willy-Brandt-Haus hieß es am Donnerstagabend, Pistorius habe diesen Rückzug genau so gewollt, man habe ihn nicht zwingen müssen.
Pistorius hat lange gewartet
Aber Pistorius hat sich zumindest Zeit damit gelassen, sich aus dem Gespräch zu nehmen. Er beobachtete die Diskussion der vergangenen Tage. Immer mehr Parteimitglieder, die seine Beliebtheit hervorgehoben haben. Seine Stärken im Vergleich zu Scholz. Zwischenzeitlich sah es diese Woche so aus, als wäre der Druck auf Scholz zu groß.
Ausgerechnet, als der Bundeskanzler in Rio de Janeiro war, am anderen Ende der Welt beim G-20-Gipfel, veröffentlichten in der Heimat zwei mächtige Abgeordnete ein Statement, das Pistorius unterstützte. Scholz gab sich betont gelassen. Hinter ihm versammelte sich der gesamte SPD-Parteivorstand, darunter die Bundesminister. Allerdings konnte er aus eigener Kraft die Debatte über seine Eignung nicht beenden.
Eine gute Stunde, bevor das Video von Pistorius am Donnerstagabend erschien, veröffentlichte die ARD den neuen Deutschlandtrend. Es sind verheerende Zahlen und Ergebnisse für Scholz – und sehr schmeichelnde für Pistorius. Demnach ist Scholz noch unbeliebter als Christian Lindner, sein geschasster Finanzminister. Nur 21 Prozent der Befragten halten ihn für einen guten Kanzlerkandidaten. 60 Prozent finden Pistorius geeignet. Auch unter SPD-Mitgliedern sind die Werte eindeutig: 58 Prozent halten Scholz für geeignet, 82 Prozent Pistorius.
In dem Moment, in dem die Unterschiede in der Bewertung also offenkundig sind, zieht Pistorius, der Publikumsliebling zurück. Er habe seine Arbeit als Verteidigungsminister und die Truppe ins Herz geschlossen, sagt er in der Videobotschaft. Er wolle weiter „mit Volldampf“ für die Bundeswehr und ein Bundestagsmandat kämpfen. Und „für unseren Kanzler Olaf Scholz“. Er sei noch nicht fertig als Verteidigungsminister – und spricht sich gleich ein Amt zu. Er freue sich nämlich auf eine zweite Amtszeit.
„Kämpfen wir gemeinsam und geschlossen“, schließt Boris Pistorius. „Vielen Dank, auf geht’s!“