Ampel-Aus und Neuwahlen: ++ Mehrheit spricht sich für Regierungsbeteiligung der Union aus ++

Zwischen Union und SPD deutet sich im Streit um den Neuwahltermin eine Einigung an. In einer Umfrage wird unterdessen deutlich: Keine Koalitionsoption ist beliebt bei den Deutschen. Aber viele Bürger wollen die Union in der nächsten Regierung sehen. Alle Entwicklungen im Liveticker.

Die Ampel-Koalition ist gescheitert, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) regiert mit einer rot-grünen Minderheitsregierung weiter. Die Frage ist: Wann wählt Deutschland einen neuen Bundestag?

Alle Entwicklungen zur Regierungskrise im Liveticker:

10:13 Uhr – Schnelle Neuwahlen setzen Kleinparteien unter Druck

Vertreter kleiner Parteien haben vor einer zu frühen Neuwahl des Bundestages gewarnt. Der Bundesvorsitzende der Piraten, Borys Sobieski, sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Dienstag, der Demokratie tue „eine Hauruckwahl sicher nicht gut“. Sie sei „in der Kürze der Zeit sicher rein technisch machbar“. Doch „ob sie fair und sinnvoll ist, steht auf einem ganz anderen Blatt“. Sobieski schloss rechtliche Schritte deshalb nicht aus.

Die Sprecherin der Partei Volt, Gina Nießer, sagte dem RND, eine allzu kurzfristige Neuwahl sei „eine riesige Gefahr für die Demokratie“. Kanzler Olaf Scholz (SPD) und CDU-Chef Friedrich Merz spielten „mit dem Feuer – mit dem Fortbestand dieser Demokratie“. Rechtsextremisten stünden bereit „und werden von diesem Zerfall profitieren“. Nötig sei deshalb „eine gut organisierte Wahl ohne Fehler“.

Nathalie Sanchez Friedrich, Mitglied im Bundesvorstand der Partei Die Basis, fürchtet deutlich sinkende Erfolgschancen für alle Parteien, die derzeit nicht im Bundestag vertreten sind. „Demokratisch fair wäre, die Teilnahme wenigstens nicht zusätzlich zu erschweren“, sagte sie. „Deshalb sollte die Zahl der erforderlichen Unterstützungsunterschriften wenigstens halbiert oder geviertelt werden, analog zur Bundestagswahl 2021 und zu den Landtagswahlen im Jahr 2022.“

Werden die geltenden Regeln nicht an die Umstände der Neuwahl angepasst, müssten die Kleinparteien bis 69 Tage vor der Wahl je nach Bundesland bis zu 2000 gültige Unterstützungsunterschriften sammeln, um zugelassen zu werden. Ausgenommen von der Regelung sind etablierte Parteien, die bereits mit mindestens fünf Abgeordneten im Bundestag oder einem Landtag vertreten sind.

Der Piraten-Vorsitzende Sobieski verwies darauf, dass sehr schnell Versammlungen organisiert werden müssten, um Kandidaten aufzustellen. „Gerade am Jahresende und in der Kürze der verfügbaren Zeit sind entsprechende Räumlichkeiten, die benötigt werden, kostspielig oder gänzlich ausgebucht“, sagte er.

Auch finanziell fühlen sich die Kleinparteien benachteiligt. Denn um Anspruch auf staatliche Mittel zu bekommen, müssen sie mindestens 0,5 Prozent der gültigen Stimmen holen. Das setzt aber ebenfalls voraus, dass sie auf den Wahlzetteln stehen.

10:03 – Viele Parteieintritte bei den Grünen

Das Ende der Ampel-Koalition hat den Grünen nach eigenen Angaben zahlreiche neue Mitglieder beschert. „Seit Mittwoch sind rund 5.500 Menschen in unsere Partei eingetreten – ein neuer Rekord“, sagt die Politische Geschäftsführerin der Partei, Emily Büning. Damit sei aus ihrer Sicht der Start in den Wahlkampf geglückt. Viele Menschen wollten sich offensichtlich aktiv für Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und eine offene Gesellschaft einsetzen, fügte sie hinzu. Die Neueintritte gäben der Partei Rückenwind für die bald anstehende Bundestagswahl.

Die FDP hatte am Montag berichtet, sie habe seit dem Ampel-Aus etwa 1.300 Neueintritte verzeichnet. Bis zum Wochenende habe es rund 80 Austritte gegeben. Die Zahl der FDP-Mitglieder war zuletzt auf rund 70.000 gesunken.

Nach sieben Wachstumsjahren waren die Grünen 2023 erstmals geschrumpft. Zum Jahreswechsel lag die Zahl der Mitglieder nach Angaben der Partei bei 125.991 – einige Hundert weniger als zum Vorjahreszeitpunkt (126.451). Die Grünen verloren im vergangenen Jahr 9.591 Mitglieder – durch Todesfälle oder Austritte. Inklusive Neueintritten hatte sich unter dem Strich die Mitgliederzahl damit 2023 minimal um 0,36 Prozent verringert. In den ersten Wochen des Jahres ging es dann wieder bergauf. „Wir sind über 130.000 Grüne, so viele wie noch nie“, hatte Büning Anfang März erklärt.

Im September hatten einige führende Mitglieder der Grünen Jugend der Nachwuchsorganisation und der Partei den Rücken gekehrt. Sie begründeten dies vor allem mit dem aus ihrer Sicht zu wenig auf linke Positionen und soziale Fragen fokussierten Profil der Grünen.

09:30 Uhr – FDP will keine „Vorhaben der Rest-Koalition“ akzeptieren

Die FDP will den Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erhöhen und bis zu einer Entscheidung über eine schnelle Neuwahl keine Gesetzesreformen akzeptieren. „SPD und Grüne haben keine Mehrheit mehr im Deutschen Bundestag. Eine Mehrheit braucht man aber auch für die Tagesordnung“, teilte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, dazu in Berlin mit.

Der Bundeskanzler habe das Angebot der FDP, geordnet und würdevoll zu schnellen Neuwahlen zu kommen, abgelehnt, sagte er mit Bezug zur Entlassung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) durch Scholz und dem dann folgenden Aus der Koalition.

„Olaf Scholz hat sich somit gegen ein geordnetes Verfahren entschieden. Die FDP wird jetzt nicht einfach Vorhaben der Rest-Koalition auf die Tagesordnung setzen lassen, bevor nicht klar ist, dass es zu raschen Neuwahlen kommt. Die Union sieht das genauso“, so Vogel. „Der Bundeskanzler kann dies jetzt nur auflösen und Klarheit herbeiführen, wenn er den Weg für Neuwahlen ebnet, und Klarheit über eine schnelle Vertrauensfrage schafft.“

08:41 Uhr – Wahltermin am 16. oder 23. Februar

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann geht davon aus, dass die Bundestagswahl am 16. oder 23. Februar stattfindet. „Ja, darauf läuft es wohl hinaus. Das wird wohl ein Kompromiss werden“, sagte Linnemann im ZDF-„Morgenmagazin“ am Dienstag. Er rechne in der Frage des Wahltermins damit, „dass wir sehr schnell Klarheit bekommen, wahrscheinlich in den nächsten Stunden“.

Linnemann gestand, dass der Januar-Termin zwar möglich, aber „ambitioniert“ sei. Wichtig sei jetzt Klarheit. „Die Menschen sind total verunsichert und wissen nicht, wo dieses Land hinfährt“, sagte er. Wenn Scholz die Vertrauensfrage nun vermutlich im Dezember stelle und der Wahltermin feststehe, „dann beruhigt sich das auch wieder und dann gehen wir in den Wahlkampf“.

07:14 Uhr – Deutliche Mehrheit spricht sich für Regierungsbeteiligung der Union aus

Laut einer Forsa-Umfrage zeichnet sich noch kein klarer Wunsch in der Bevölkerung für eine neue Regierungskoalition ab. Nur ein Drittel der Befragten wünscht sich eine Neuauflage der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD, ergab eine Forsa-Umfrage am Ende der vergangenen Woche im Auftrag des Magazins „Stern“. Alle anderen genannten Bündnisvarianten sind noch unbeliebter.

Klar ist demnach: Eine deutliche Mehrheit von 70 Prozent möchte, dass die Union an der neuen Regierung beteiligt ist.

Auffällig seien die Unterschiede nach Parteianhängern, heißt es: Unter Wählern von Union und SPD findet eine neuerliche Große Koalition von allen Bündnisvarianten jeweils die größte Zustimmung, unter den SPD-Anhängern befürwortet sie sogar eine Mehrheit. Die größte Gruppe der Grünen-Anhänger (48 Prozent) wünscht sich ein schwarz-grünes Bündnis.

71 Prozent der FDP-Wähler wollen der Umfrage zufolge, dass ihre Partei mit der Union die neue Regierung stellt. Anhänger von AfD und BSW befürworten mehrheitlich andere Regierungsbündnisse nach der Wahl.

Die Umfrage fand zwischen dem 7. und 8. November statt. 1008 Menschen wurden befragt, die Fehlertoleranz wird mit +/- 3 Prozentpunkten angegeben.

04:15 Uhr – Wahlprüfungsausschuss berät über Vorbereitung von Neuwahlen

Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages berät am Dienstag (09.00 Uhr) in einer Sondersitzung über die Vorbereitung der erwarteten vorgezogenen Neuwahl des Parlaments. An den öffentlichen Beratungen soll auch Bundeswahlleiterin Ruth Brand teilnehmen, um über den Stand der Vorbereitungen zu berichten.

01:00 Uhr – Dobrindt rechnet mit schneller Einigung auf Neuwahltermin

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erwartet, dass sich Union und SPD schnell auf einen Termin zur Neuwahl des Bundestages verständigen werden. Die Gespräche liefen, man sei auf einem guten Weg, sagte Dobrindt am Abend in den ARD-„Tagesthemen“. „Ich glaube, dass wir das jetzt zügig klären können und dann einen Wahltermin vielleicht auch schon in dieser Woche verkünden können.“ Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz nannte in einer Sitzung des Fraktionsvorstands von CDU/CSU den 16. oder 23. Februar als gut erreichbar.

00:06 Uhr – Ruf aus der CDU nach Ablösung der Bundeswahlleiterin

Die Chefin des CDU-Wirtschaftsflügels, Gitta Connemann, fordert die Ablösung der Bundeswahlleiterin, sobald der Bundestag neu gewählt ist. „Meiner Ansicht nach hat die Bundeswahlleiterin in den vergangenen Tagen bewiesen, dass sie der Aufgabe nicht gewachsen ist“, sagte Connemann dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ („RND“). „Dieses Amt muss über jeden Verdacht erhaben sein. Ihr Ruf ist schon jetzt beschädigt, so dass sie für mich persönlich nach der Wahl nicht mehr haltbar ist.“

dpa/AFP/Reuters/ll/kami