„America innovates, Europe regulates“, hört Martin Wendiggensen immer wieder in den USA. Das erkläre auch Deutschlands Rückstand im KI-Zeitalter. Der Dozent und Forscher an der Johns Hopkins University war am Mittwoch Live aus Washington für die F.A.Z. Konferenz „Künstliche Intelligenz“ in Frankfurt zugeschaltet. An diesem Tag waren aber vor allem die Präsidentschaftswahlen in den USA das prominente Thema.
Wendiggensen sprach wenige Stunden nach den Wahlen darüber, wie sich nun die digitale Agenda verändert. „Trump hat das Silicon Valley immer stärker auf seine Seite gezogen“, sagt er. Vor allem die Spitzenköpfe der Tech-Konzerne haben sich ihm immer stärker zugewandt. „Elon Musk hat mit seiner Brieftasche Statements gesetzt“, sagt Wendiggensen.
Als Grund für Trumps Beliebtheit im Silicon Valley nennt er vier Gründe: Trump verspreche weniger Regulierung im Bereich KI, große Subventionen und lockere Wettbewerbspolitik. Außerdem will er die Strompreise senken, die im Zeitalter des rechenintensiven Trainings der KI-Modelle eine fundamentale Rolle spielen.
Neben den US-Wahlen wurden auf der KI-Konferenz der F.A.Z. viele prominente Themen rund um die Zukunft der Künstlichen Intelligenz besprochen. Die Veranstaltung richtet sich an Entscheider und Interessierte, die im Austausch mit führenden Experten mehr über die neuesten Fortschritte in der KI-Forschung und die vielseitigen Effekte auf verschiedene Branchen erfahren wollen. Veranstaltet und moderiert wird sie von F.A.Z.-Herausgeber Carsten Knop, dem Redaktionsleiter der F.A.Z. PRO-Reihe Holger Schmidt und F.A.Z. PRO-Redakteur Johannes Winkelhage.
„Ein selbstgesteckter Teufelskreis“
Den Auftakt machte der KI-Pionier Jürgen Schmidhuber vom KAUST Generative AI Center in Saudi-Arabien. In seiner Keynote sprach der gebürtige Münchner darüber, warum Deutschland seiner Ansicht nach den Anschluss verpasst hat: „Mein Heimatland kann nicht mehr mithalten. Die Anreize in Deutschland sind falsch gesteckt und deswegen verlassen die besten Forscher das Land. Es ist ein selbstgesteckter Teufelskreis.“ Große amerikanische Firmen würden die besten Talente wegschnappen. Ein wenig optimistisch zeigt er sich am Ende dennoch: „Deutschland hat sich schon aus vielen Tälern herausgearbeitet.“ Potential sieht er in der Integration von KI im Maschinenbau und der Robotik.
Auch gab Doris Weßels, Professorin für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Kiel, Impulse zum Umgang mit generativer KI in der Bildung. „Es wird erstmal über Prüfungen diskutiert und nicht über das Bildungsziel. Wir müssen uns auf neue Kompetenzen konzentrieren“, kritisiert sie. Anstatt Wege zu finden, wie Schummeln mit ChatGPT verhindert wird, sollten Lehrende den Fokus darauf legen, den Lernenden neue Wege der Wissensvermittlung mit KI nahezubringen. „Wir Lehrenden müssen im Zeitalter der generativen KI kontinuierlich dazu lernen“, sagt sie.
Wie Künstliche Intelligenz die Wirtschaft transformiert
Peter Buxmann, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Technischen Universität Darmstadt, gab einen Überblick über aktuelle Erkenntnisse aus der KI-Forschung. Er warf die Frage in den Raum: „Was passiert eigentlich, wenn die KI nur noch aus sich selbst lernt?“ Die Antwort ist, dass die Vielfalt der erzeugten Inhalte im Laufe der Zeit abnimmt. Er bezieht sich auf das von Forschern entdeckte „Model Autophagy Disorder“-Phänomen, kurz MAD.
„Wir haben mit der KI eine Jahrhundertchance geschenkt bekommen, um unsere Produktivität zu erhöhen“, sagt der F.A.Z-Redaktionsleiter für Newsletter und Verticals Holger Schmidt. Generative KI werde als neue Basistechnologie erhebliche Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeit haben. „Jetzt ist es höchste Zeit, die Entwicklung nach vorne zu treiben“, sagt er. Unternehmen müssten jetzt stärker in die Technologie investieren, um ihre Produktivität und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Themen auf der F.A.Z. KI-Konferenz am Donnerstag
Am Donnerstag geht die zweitägige KI-Konferenz in die nächste Runde. Themen werden unter anderem sein, wie KI den War-Room verändert und wie die Zukunft der kreativen Zusammenarbeit von Mensch und KI aussehen könnte. Weil die Anwendung der Technologie im Alltag immer wichtiger wird, erfahren Teilnehmer in einer Prompt-Engineering-Masterclass, wie sie exakte und effektive Anweisungen für KI-Chatbots wie ChatGPT verfassen.
Die KI-Konferenz ist Teil der Reihe der Frankfurter Allgemeine Konferenzen, die regelmäßig zu verschiedenen Themen aus Wirtschaft, Politik und Finanzen stattfinden. Eine Übersicht zu anstehenden Veranstaltungen finden Sie auf der Webseite der Frankfurter Allgemeine Konferenzen.