
Die Zahl der Angriffe auf Journalisten in Deutschland hat sich 2024 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Das geht aus einem Report zur Pressefreiheit hervor, den „Reporter ohne Grenzen“ (RSF) am Dienstag veröffentlichte. Die Nichtregierungsorganisation zählte 89 Attacken auf Journalisten, darunter 75 körperliche Gewalttaten. 2023 waren es insgesamt 41 Angriffe.
Die vorgestellten Zahlen deuten auf zwei Brennpunkte hin, an denen Gewalt gegen Journalisten besonders stark in Erscheinung trat. So passierte über die Hälfte der Angriffe in Berlin. Mit 38 Übergriffen ereigneten sich außerdem die meisten Attacken am Rand von „Nahost-Demonstrationen“, gemeint sind damit propalästinensische Kundgebungen. 29 Angriffe richteten sich ausschließlich gegen zwei Journalisten, einer von ihnen ist der „Bild“-Reporter Iman Sefati. Demonstranten hätten ihn und seinen Kollegen, den Fotografen Yalcin Askin, unter anderem bespuckt, geschlagen und getreten, heißt es in dem Bericht. Fast 40 Prozent der bundesweit gezählten körperlichen Gewalttaten entfallen damit auf die beiden Reporter.
Nahostkonflikt sorgt auch in den Redaktionen für Konflikte
Wie RSF darüber hinaus mitteilte, berichteten Journalisten vieler Medienhäuser von einer „aggressiven Stimmung von Demonstrierenden“. Neben körperlicher Gewalt sollen manche auch Morddrohungen erhalten haben. Einige Reporter hätten gegenüber RSF zudem geschildert, dass sie aus Furcht vor Angriffen gar nicht mehr von Protesten dieser Art berichten.
Zugleich wies RSF darauf hin, dass der Nahostkonflikt auch redaktionsintern für Spannungen und Konflikte gesorgt habe. Vor allem nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem 1182 Israelis ermordet wurden, sei der Organisation immer wieder von einem „stark verengten Meinungskorridor“ bei der Arbeit zu Israel und Palästina berichtet worden. So schilderten laut RSF unter anderem Auslandskorrespondenten „äußerst langwierige Kontroll- und Aushandlungsprozesse zu Begriffen, mit denen die israelische Kriegsführung kritisiert wird“. Aussagen palästinensischer Quellen und von Menschenrechtsorganisationen oder den Vereinten Nationen würden immer wieder grundsätzlich infrage gestellt.
Außerhalb von Berlin gerieten Journalisten den Berichtszahlen zufolge zumeist bei der Berichterstattung über Versammlungen von Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretikern in Gefahr. 21 Übergriffe zählte die Organisation im vergangenen Jahr in diesem Zusammenhang, wobei sie zugleich auf eine vermutlich hohe Dunkelziffer hinweist.
Auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit, die jährlich von „Reporter ohne Grenzen“ erstellt wird, steht Deutschland auf Platz 10 von 180 Staaten. Die Liste wird am 3. Mai neu veröffentlicht.