50 Jahre „Wish You Were Here“ von Pink Floyd

Runde „Geburtstage“ von berühmten Alben der Popmusikgeschichte gibt es naturgemäß öfter, aber nicht jeder wird ­begleitet von einem derart überschwänglichen Liebesbrief wie jenem, den der britische Dichter Simon Armitage nun anlässlich des vor 50 Jahren veröffentlichten Albums „Wish You Were Here“ an die dahinterstehende Band gerichtet hat. „Dear Pink Floyd“, hebt Armi­tage an und trägt sein Lob dann gleichsam auf Knien vor.

Als Zeitkapsel, Schatzkiste und Flaschenpost würdigt er das Album, nennt es gar „the 44 minute and 5 seconds guide to eternity“. Eigentlich enthält es nur vier Songs, von denen einer allerdings in neun Teile zerfällt: „Shine On You Crazy Diamond“ ist programmatische, teils avantgardistische Rockmusik, wie sie in den Siebzigern besonders in England erschaffen wurde; David Gilmours Gitarrenmotiv daraus ist inzwischen ebenso Weltkulturerbe wie das charakteristische Drehen am Radioknopf, das vor den ersten Akkorden des Titelsongs „Wish You Were ­Here“ zu hören ist, und das Sandsturmrauschen, in dem er am Ende verschwindet.

Einen Schmetterling sezieren

Viel ist geschrieben worden über die Bezüge des Albums zum Schicksal Syd Barretts, der Pink Floyd zunächst prägte, die Band aber 1968 wegen geistiger und seelischer Zerrüttung verließ. Das Musikmagazin „Rolling Stone“ widmet seine Dezember-Titelstory den Hintergründen.

DSGVO Platzhalter

„Wish You Were Here“ meinte aber nicht nur Barrett – und längst haben Millionen von Menschen die Zeile auf Millionen andere bezogen. Roger Waters, auch lang schon von der Band geschieden, hat über den Song einst gesagt, er habe ihn basierend auf einer Idee Gilmours in nur einer Stunde geschrieben, und ihn ausdeuten zu wollen, hieße, einen Schmetterling zu sezieren: Am Ende hat man Staub in der Hand.

Wem das nicht reicht, der kann sich nun edle Jubiläumsausgaben des Albums gönnen, mit Filmen oder als Dreifachvinyl mit Schnickschnack – wobei Bonusmaterial wie ein „Pedal Steel Instrumental Mix“ wohl wirklich nur Hardcore-Fans interessiert. Aber es wird noch spezieller. In Kooperation mit einem Kaffeeröster veranstaltet die Plattenfirma Sony bis zum 15. Dezember in mehreren Großstädten, darunter auch Berlin, eine „Pop-up-Store-Kollaboration“, bei der sich „jeder News & Coffee-Stand in einen kuratierten Wish-You-Were-Here-50-Space“ verwandelt, wie auch immer das dann aussieht.

Da kann man sich nicht ganz verkneifen, an einen weiteren Song auf dem Album zu erinnern, der sich kritisch mit Kommerz und Konformismus auseinandersetzt: „Welcome to the Machine“. Eine ganz neue Deutungsmöglichkeit tut sich jetzt auf, die Armitage in seinem Ewigkeitspathos gar nicht bedenkt: War damit einfach nur eine Kaffeemaschine gemeint?