1860 in der 3. Liga: Die Löwen-Siegesserie endet abrupt – Sport

Es war schon recht besinnlich geworden im Grünwalder Stadion. Vergangene Woche gab es hier ein Adventssingen mit einer Rekordbeteiligung von rund 2000 Besuchern, viele blaue 1860-Nikolausmützen waren zu sehen und zu hören viel friedlichere Dinge als sonst. Am Samstag zündeten die Fans beim Heimspiel gegen den SC Verl dann ein beschauliches Feuerwerk außerhalb des Stadions, die Westkurve war mit Wunderkerzen zugedeckt.

Die vergangenen Wochen haben viele milde gestimmt bei 1860 München, nachdem die Mannschaft monatelang schlecht gespielt hatte. „Es wird dunkel, die Lichter gehen an“, so hatte sich auch Sechzigs neuer Trainer Markus Kauczinski vorab gefreut auf ein Jahresabschlussspiel unter Flutlicht. Doch in der zweiten Halbzeit gegen Verl ging es dann noch einmal richtig hitzig zu, mit einem offenen Schlagabtausch, den die Löwen klar verloren: Mit dem 0:2 (0:1) endete abrupt eine Siegesserie gegen ein Spitzenteam, das man mit einem weiteren Sieg überholt hätte.

„Wir waren nicht so aktiv, wir haben viele Bälle verloren und waren nicht so präsent“, fasste Kauczinski die erste Halbzeit zusammen. Zum Jahresabschluss fand er am Magenta-Sport-Mikrofon aber auch versöhnliche Worte: „Wir haben es geschafft, oben anzudocken.“ Der Abstand zur Spitze mag noch einmal größer geworden sein, aber in der Rückrunde geht es für die Löwen weiter um die Spitzenplätze.

Verl hatte schon vor diesem Spiel auswärts mehr Tore geschossen (22) als im eigenen Stadion (20), und Trainer Tobias Strobl meinte vor dem Spiel: „Ich hoffe auf eine aktive Löwenmannschaft.“ Denn das würde Verls für die dritte Liga sehr ungewöhnlichen, offensiven Spielweise entgegenkommen. Es kam völlig anders: Verl dominierte die erste Halbzeit über weite Strecken, Sechzig ließ sich leicht in die Defensive drängen. Obendrein war die Heimmannschaft mit den vielen Standard-Varianten der Gäste überfordert. Die früh verdiente Führung fiel nach einem einstudierten Eckball: Oualid Mhamdi war vom Strafraumrand aus ungedeckt eingelaufen, weil Sechzigs David Philipp sich viel zu leicht wegblocken ließ, Mhamdi traf sehenswert volley unter die Latte (12.).

Zeitweise wirkte es so, als müsste sich die Mannschaft wieder finden, nachdem Kauczinski nach zuletzt vier Serien in Serie zu mehreren Wechseln in der Startelf gezwungen war. Der 55-Jährige ist ein oft besonnener Trainer, der in Pressekonferenzen gerne ein „Oooch“-Gesicht macht und die meisten Statistiken, mit denen er konfrontiert wird, als unwichtig abtut (etwa jene, dass es fünf Löwensiege in Serie schon sehr lange nicht mehr gab). Doch solch eine Personalsituation bei Sechzig gab schon lange nicht mehr: Der beste Stürmer, Sigurd Haugen, fällt mit einem Kieferbruch lange aus – unter der Woche war er in einem großen Medienmarkt einkaufen, seine gelbe Backe leuchtete durch die riesige Verkaufshalle. Kevin Volland wird nicht so lange ausfallen, fehlte am Samstag gleichwohl; auch musste Abwehrspieler Siemen Voet wegen einer umstrittenen fünften gelben Karte aussetzen. Und das sind nur die, die neu dazugekommen sind zu den bereits Verletzten.

Nach dem Rückstand besann sich Sechzig wieder auf die kämpferischen Fähigkeiten. Spielerisch blieb die Mannschaft zwar unterlegen, trotzdem hätte Patrick Hobsch fast den Ausgleich erzielt nach einer Hereingabe von Kilian Jakob (36.), der für Voet in die Startelf gerückt war. Nach der Pause schien die Partie kurz sogar zu kippen, auch dank der frenetischen Zuschauer, die so sehr auf den Sprung bis auf den Relegationsplatz drei gehofft hatten.

Doch ein schlampiger Querpass von Clemens Lippmann mündete, wie schon vor einer Woche beim 2:1-Erfolg in Ingolstadt, in einer Unterzahl. Thore Jacobsen wusste die Situation nur noch mit einem Foul am Mittelkreis zu bereinigen. Der Kapitän, dessen Einsatz wegen einer Erkrankung lange fraglich gewesen war, musste nach 55 Minuten mit Gelb-Rot vom Feld. Kurioserweise folgte kurz danach mit einem Volley-Seitfallzieher von Philipp Maier eine der besten Chancen des Spiels (58.), Sechzig war jetzt gezwungen, aktiv zu sein, die Verler bekamen immer mehr Platz – folgerichtig fiel das 2:0 durch Alessio Besio (76.). Jetzt wurde es ruhiger im Stadion, wenn auch nicht unbedingt besinnlicher.

Nach dem Spiel verabschiedeten sich alle mit sofortiger Wirkung in eine Winterpause, die für Kauczinski keine echte Pause ist: Am 3. Januar fliegen die Löwen ins Trainingslager in die Türkei, selbst dann werden viele der verletzten Spieler noch fehlen. Etwas Versöhnliches gab der lange nicht eingesetzte Florian Niederlechner noch mit in die Auszeit. Sein Vertrag hatte sich vergangene Woche mit einem Kurzeinsatz automatisch bis 2027 verlängert. „Ich bin nicht ganz zufrieden, ist ja klar“, sagte er über seine Rolle als Ersatzkraft, aber er werde für Sechzig „alles bis zum letzten Tag“ geben. Das klang zumindest ein wenig besinnlich – und nach einem guten Vorsatz fürs neue Jahr.